Am Arbeitsplatz ist es ganz wichtig, dass man Solidarität mit seinen KollegInnen zeigt, denn man darf niemanden ins offene Messer laufen lassen, sondern muss einen Kollegen warnen, wenn man etwa weiß, dass ihm ein unangenehmes Gespräch mit dem Vorgesetzten bevorsteht. Auch bei Klatsch und Tratsch ist Zurückhaltung angesagt, denn man sollte immer hellhörig, sein wenn sich jemand über die Schwächen anderer lustig macht, und sich dann überlegen, ob er das nicht über mich genauso erzählt. Auch reagieren die meisten Menschen verärgert, wenn man ihre Zeit verschwendet, denn wenn jemand bemerkt, dass er sein Arbeitspensum nicht schafft, sollte frühzeitig um Hilfe bitten oder auch einmal „Nein“ sagen, wenn er noch mehr Arbeit übernehmen soll. Wenn man Grenzen setzt, wird man für die KollegInnen auch besser einschätzbar, jedoch sollte man nicht ständig über Stress jammern, denn das geht den anderen mit der Zeit auf die Nerven.
Moralische Einstellungen wichtig für das Verhalten am Arbeitsplatz
Cohen et al. (2014) haben in drei Studien insgesamt über zweitausend Beschäftigte aus allen Wirtschaftsbereichen mit Fragebögen zur moralischen Persönlichkeit untersucht und dann überprüft, inwiefern die ethischen Eigenschaften mit arbeitsbezogenen Verhaltensmaßen wie unternehmensschädigendem Verhalten, freiwilligem Engagement im Unternehmen, straffälligem Verhalten und unfairen Verhandlungstechniken zusammenhingen. Frauen waren dabei im Durchschnitt moralischer als Männer, denn in der Gruppe mit stark ausgeprägter moralischer Persönlichkeit waren 58 Prozent Frauen, während in der Gruppe mit schwach ausgeprägtem moralischen Charakter 68 Prozent Männer waren. Nach Auskunft ihrer Kollegen schädigten jene in der Gruppe mit stark ausgeprägter moralischer Persönlichkeit das Unternehmen wesentlich seltener als Kollegen mit schwacher ethischer Orientierung. Aus Kollegensicht engagierten sich moralische Personen auch mehr als unmoralische, wobei moralische Eigenschaften schädigendes Verhalten und engagiertes Arbeiten besser vorhersagten als demographische Faktoren wie Alter oder Geschlecht, aber auch Unternehmensmaße wie Unternehmensgröße, Verhaltenscodex oder Wirtschaftssektor. Die Ergebnisse zeigen nach Ansicht der Forscherinnen, dass sich Menschen anhand der Rechtschaffenheit, die sie für sich selbst sehen, unterscheiden lassen, und dass diese moralische Orientierung abträgliches bzw. hilfreiches Verhalten gut vorhersagt. Menschen mit stark ausgeprägter moralischer Persönlichkeit können sogar durch Selbstauskunftsfragebogen erfasst werden können, wobei dieser Selbstbericht dann das arbeitsbezogene Verhalten noch Monate nach der Messung gut vorhersagt. Diese Ergebnisse legen daher nahe, dass moralische Persönlichkeitseigenschaften schädigendes und hilfreiches arbeitsbezogenes Verhalten oft besser vorhersagen als unternehmensseitige oder demographische Faktoren.
Die psychologische Funktion von Tratsch
Die meisten Menschen lästern über soziale Kontakte, über gemeinsame Bekannte, wobei dies am häufigsten Nachbarn und Arbeitskollegen sind. Allerdings sind es nicht nur Frauen, die über Mitmenschen herziehen, sondern ebenso viele Männer gehen , wobei Männer über ihr Liebesleben und Fehltritte von Gleichaltrigen sprechen, Frauen hingegen am liebsten über Mode oder die Figur sowie über Fehltritte von Berühmtheiten. Besonders moralische Fehltritte erfreuen sich besonderer Beliebtheit, wobei es meist darum geht, dass jemand die ungeschriebenen Regeln der Gemeinschaft übertreten hat, doch auch über Ästhetik lässt sich herziehen, wenn diese den eigenen Vorstellungen oder denen der Gesellschaft widerspricht. Manchmal geht Lästern schleichend ins Mobbing über oder wird krank- oder zwanghaft. Wie Menschen über andere sprechen, sagt auch einiges darüber aus, wie zufrieden, mental gesund und sozial verträglich Menschen sind, denn je schlechter jemand über seine Mitmenschen spricht, desto narzisstischer, unsozialer und depressiver ist er, wobei man meist eigene Persönlichkeitseigenschaften auf sein Gegenüber projiziert. Gleichzeitig ist die Vorstellung, dass hinter dem eigenen Rücken über uns selber getratscht wird, verunsichernd und unangenehm, insbesonders wenn man schüchtern ist. Dennoch tratscht man selbst hinter dem Rücken anderer Leute, wobei man nach Untersuchungen mehr als ein Drittel der Zeit über Menschen spricht, die nicht selbst anwesend sind, wobei Geschlecht und Alter dabei keine Rolle spielen. Solche Gespräche kann man auch als soziales Warnsystem auffassen, denn zu jemanden, dem der Ruf eines unzuverlässigen und hinterhältigen Bösewichts vorauseilt, hält man aus reinem Selbstschutz lieber Abstand, ähnlich einem natürlichen Selektionsmechanismus. Durch üble Nachrede lässt sich auch soziale Kontrolle ausüben, indem man die eigenen Wertvorstellungen überprüft und sein Handeln daran orientiert. Bei solchen Gesprächen erfährt man, was man tun muss, um in seinem sozialen Umfeld anerkannt zu werden und was man tunlichst unterlassen sollte, damit man keine Ausgrenzung erfährt. Der Einzelne, unabhängig von der Gemeinschaft, kann sich durch Lästern eine eigene Befriedigung holen, denn er kann sich mit anderen vergleichen beziehungsweise als besser empfinden, und damit eigene Minderwertigkeitsgefühle kurzfristig ausgleichen. Übrigens wird in kleinen Gemeinschaften mehr gelästert, denn hier ist die soziale Kontrolle stärker, während die Anonymität etwa in der Großstadt dazu beiträgt, den Klatsch und Tratsch auf einem niedrigem Niveau zu halten.
Tratsch und Klatsch
Klatsch und Tratsch erfüllen wichtige soziale Funktionen, denn sie bilden eine Art von sozialem Kitt, indem Beziehungen geformt werden, Vertrauen aufgebaut wird, Netzwerke gebildet und Gemeinschaften zusammengehalten werden, und nach Robin Dunbar wären ohne diese sogar die Evolution unmöglich gewesen. Robbins & Karan (2019) haben untersucht, welche Funktion Klatsch und Tratsch in alltäglichen Kontexten haben. Sie nutzten Daten aus fünf Beobachtungsstudien (N = 467), wobei alle Teilnehmer den Electronically Activated Recorder trugen, der 5-12% über 2-5 Tage akustisch abtastet. Darüber hinaus wurden Demographie- und Persönlichkeitsdaten erhoben. Die Tondaten wurden für Klatsch und Tratsch, Wertigkeit (positiv, negativ und neutral), Objekt der Gespräche (Bekannter und Prominenz) und Thema (soziale Informationen, körperliche Erscheinung, Leistung) kodiert. Es zeigte sich, dass die Inhalte solcher Gespräche meist harmlos und sogar wohlwollend waren bzw. dass eher selten böse über andere gesprüchen wird. Etwa 14 Prozent der Gesprächszeit wird über nicht anwesende Menschen gesprochen, wobei junge Erwachsene eher mehr und böser über Dritte als ältere Probanden sprachen, Frauen ein wenig mehr als Männer. Der Inhalt der Gespräche unter Frauen war in der Regel neutral und selten wertend, was bisherige Befunde bestätigt, dass Frauen häufiger miteinander über soziale Themenbereiche sprechen als Männer. Bei dieser Untersuchung muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Probanden und Probandinnen wussten, dass ihre Gespräche aufgezeichnet wurden, was zumindest teilweise nahelegt, dass die Daten nicht ganz den üblichen Inhalten entsprechen.
Literatur
Cohen, T. R., Panter, A. T., Turan, N., Morse, L. & Kim, Y. (2014). Moral Character in the Workplace. Journal of Personality and Social Psychology, 107, 943-963.
Robbins, M. L., & Karan, A. (2019). Who Gossips and How in Everyday Life? Social Psychological and Personality Science, doi:10.1177/1948550619837000.
Welt online vom 3. Oktober 2011
http://www.erdbeerlounge.de/lifestyle/warum-laestern-wir-eigentlich/ (16-07-21)
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