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Wiederholungsstudien in der Psychologie eher selten

Da Experimente in der Psychologie nur sehr selten oder gar nicht wiederholt werden, sehen manche den Erkenntnisfortschritt bedroht. Bekanntlich ist die Reproduzierbarkeit von Experimenten ein bedeutender Eckpfeiler der Wissenschaft, denn erst durch die Wiederholung werden Fehler aufgedeckt und Zufallsbefunde von verlässlichen Erkenntnissen getrennt. In der Psychologie beträgt nach Matthew Makel (Duke University) der Anteil der Wiederholungsstudien knapp ein Prozent. Das liegt vor allem daran, dass durch die Überprüfung dessen, was bereits andere zuvor untersucht haben, sich in vielen Fällen für die WissenschaftlerInnen keine Publikation erreichen lässt.

Vor einiger Zeit erschie in Science ein Artikel, der behauptete, dass von hundert Studien, die 2008 in drei psychologischen Zeitschriften erschienen waren, sich nur knapp mehr als ein Drittel bestätigen ließen. Vor allem schwache Effekte ließen sich nicht reproduzieren, was aber am Rauschen in den Daten liegen kann, denn dieses Rauschen beruht etwa auf individuellen Unterschieden zwischen  Probanden und Probandinnen, ihrer Tagesform oder oft nur minimalen Abweichungen im Versuchsaufbau. Solche Schwankungen erzeugen scheinbare Effekte bzw. kleine echte Effekte können in diesem Rauschen verschwinden.

Der Replikationsproblem findet sich auch in der Biologie und der Medizin, da auch in diesen Fächern mehrfache, sorgfältig durchgeführte Versuche, Studien zu wiederholen, häufig scheitern. Auch hier ist der Druck, positive Resultate zu publizieren, sehr groß, sodass Wissenschaftler alles versuchen, etwas experimentell zu beweisen, was möglicherweise gar nicht vorhanden ist. Eine gescheiterte Replikation bedeutet aber nicht prinzipiell, dass eine Originalstudie falsch ist, sondern zeigt oft nur, dass es sehr schwierig ist, in einer Untersuchung alle Randbedingungen in vergleichbarer Weise zur Originalstudie zu berücksichtigen. Einzelstudien lieferten in einer empirischen Wissenschaft ohnehin nur kleine Mosaiksteine, und erst durch viele Studien, die die unterschiedlichsten Aspekte eines Phänomens untersuchen, erhält man ein Gesamtbild, das dann allerdings einer Replikation standhalten sollte bzw. nur mehr peripher ergänzt oder erweitert werden dürfte.

Das „Many Labs Project“ hat sich zum Ziel gesetzt, wichtige psychologische Studien zu wiederholen, und zwar „Klassiker“. Im Fachjournals „Social Psychology“ ist nachzulesen, dass sich von 13 überprüften klassischen Effekten immerhin zehn vollständig reproduzieren ließen.

Quellen & Literatur
http://www.psycontent.com/content/n657m04571w51j70/fulltext.html (14-07-25)
Gilbert, D. T. ,  King, G., Pettigrew, S. & Wilson, Timothy D. (2016). Comment on “Estimating the reproducibility of psychological science”. Science, 351, 1037. DOI: 10.1126/science.aad7243


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