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Wie lange sollten erwachsene Menschen schlafen?

Schlafdauer, psychiatrische Störungen und Demenzerkrankungen sind bei älteren Erwachsenen eng miteinander verknüpft. Die zugrunde liegenden genetischen Mechanismen und strukturellen Veränderungen des Gehirns sind jedoch unbekannt. Anhand von Daten aus der UK Biobank für Teilnehmer vorwiegend europäischer Abstammung im Alter von 38 bis 73 Jahren, darunter 94 % Weiße, haben Li et al. (2022) einen nichtlinearen Zusammenhang zwischen Schlaf, wobei etwa 7 Stunden als optimale Schlafdauer gelten, und genetischen und kognitiven Faktoren, der Gehirnstruktur und der psychischen Gesundheit als Schlüsselgrößen festgestellt.

Zu den Hirnregionen, die diesem Zusammenhang am stärksten unterliegen, gehören der präzentrale Cortex, der laterale orbitofrontale Cortex und der Hippocampus. Die Längsschnittanalyse ergab, dass sowohl eine unzureichende als auch eine übermäßige Schlafdauer signifikant mit einer Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten bei der Nachbeobachtung verbunden waren. Darüber hinaus ergaben die Mediationsanalyse und die Strukturgleichungsmodellierung ein einheitliches Modell, das den polygenen Risikoscore, den Schlaf, die Gehirnstruktur, die Kognition und die psychische Gesundheit umfasst. Dies deutet darauf hin, dass mögliche genetische Mechanismen und hirnstrukturelle Veränderungen dem nichtlinearen Zusammenhang zwischen Schlafdauer, Kognition und psychischer Gesundheit zugrunde liegen könnten.

Anmerkung: Bei vielen Menschen stimmen die gefühlte und die tatsächliche Schlafdauer nicht immer überein, denn gerade Menschen, die generell das Gefühl haben, schlecht zu schlafen, wachen morgens oft mit diesen diffusen Erinnerungen an eine durchwachte Nacht auf. Würde man sie jedoch im Schlaflabor untersuchen, würde man wahrscheinlich feststellen, dass sie einen beträchtlichen Teil der Nacht schlafen, was vor allem bei Menschen mit einer Schlafstörung der Fall ist. Insomniker schlafen im Durchschnitt nur unwesentlich kürzer, denn wenn man eine Gruppe von Insomnikern im Schlaflabor übernachten lässt und ihre Schlafdauer mit der von ebenso vielen guten Schläfern vergleicht, ergibt sich ein durchschnittlicher Unterschied von 25 bis 30 Minuten pro Nacht. Um diesen Unterschied zu sehen, braucht man allerdings eine große Stichprobe, da die Varianz sehr hoch ist, d.h. jeder Einzelne schläft von Nacht zu Nacht unterschiedlich lang, und zwischen den Individuen ist die Differenz natürlich noch viel größer. Gemessen an der subjektiven Beeinträchtigung, die für die Betroffenen katastrophal sein kann, ist die im Labor gemessene Schlafdauer also nur wenig verändert. Die Diagnose einer Insomnie beruht in der Regel auf rein subjektiven Angaben, denn wenn eine Person angibt, über mehrere Wochen schlecht geschlafen zu haben und deshalb tagsüber unter starker Müdigkeit und z.B. Konzentrationsproblemen leidet, wird auf eine Insomnie geschlossen. Die Betroffenen bilden sich ihre Schlafprobleme aber nicht ein, sondern es liegt eine starke Beeinträchtigung vor, die in jedem Fall ernst zu nehmen ist.

Literatur

Li, Yuzhu, Sahakian, Barbara J., Kang, Jujiao, Langley, Christelle, Zhang, Wei, Xie, Chao, Xiang, Shitong, Yu, Jintai, Cheng, Wei & Feng, Jianfeng (2022). The brain structure and genetic mechanisms underlying the nonlinear association between sleep duration, cognition and mental health. Nature Aging, doi:10.1038/s43587-022-00210-2.
Stangl, W. (2022, 7. Mai). Sind sieben Stunden Schlaf ausreichend? Stangl notiert ….
https:// notiert.stangl-taller.at/zeitgeistig/sind-7-stunden-schlaf-ausreichend/
Bernd Feige, Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Neurophysiologie an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg.

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