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Spezielle Form der Erinnerungen bei einer posttraumatischen Belastungsstörung

Frühere Studien haben gezeigt, dass bei Menschen mit posttraumatischer Belastungsstörung der Hippocampus ein verringertes Volumen und eine beeinträchtigte Funktion aufweist, eine Hirnregion, die unter anderem beim Abrufen episodischer Erinnerungen aktiv ist. Darüber hinaus ist bereits bekannt, dass auch der posteriore cinguläre Cortex, der am narrativen Verständnis und der autobiographischen Verarbeitung beteiligt ist, bei der Erkrankung verändert ist. Allerdings fehlen bisher Untersuchungen, die sich auf das individuelle Erleben der Betroffenen konzentrieren, denn bei Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung treten die Erinnerungen an traumatische Erlebnisse häufig als Intrusionen auf, die sich deutlich von der Verarbeitung normaler negativer Erinnerungen unterscheiden.

Diese Merkmale haben Theorien genährt, die einen einzigartigen kognitiven Zustand im Zusammenhang mit traumatischen Erinnerungen vermuten, so dass Perl et al. (2023) die neuronale Aktivität von Betroffenen untersuchten, die Erzählungen über ihre eigenen Erinnerungen hörten. Eine Analyse der Ähnlichkeit der Repräsentation zwischen den Probanden in Bezug auf semantische Inhalte und neuronale Muster ergab eine Differenzierung der hippocampalen Repräsentation nach Art der Erzählung: semantisch ähnliche, traurige autobiographische Erinnerungen lösten bei allen Teilnehmern ähnliche neuronale Repräsentationen aus, während semantisch ähnliche traumatische Erinnerungen bei denselben Personen nicht ähnlich repräsentiert wurden. Offenbar verarbeitet das Gehirn traumatische Erinnerungen nicht als normale Erinnerungen oder vielleicht auch gar nicht als Erinnerungen, sondern als Fragmente vergangener Ereignisse, die den gegenwärtigen Moment verdrängen, d.h. diese traumatischen Erinnerungen stellen eine alternative kognitive Einheit dar, die vom eigentlichen Gedächtnis abweicht.

Ziel einer Psychotherapie sollte es sein, die traumatischen Erinnerungen in einen Gehirnzustand zurückzuführen, der der normalen Gedächtnisverarbeitung ähnelt, d.h. die Betroffenen sollen lernen, das traumatische Ereignis in ihre Lebensgeschichte zu integrieren und die Kontrolle über die Erinnerungen wiederzuerlangen.

Literatur

Perl, Ofer, Duek, Or, Kulkarni, Kaustubh R., Gordon, Charles, Krystal, John H., Levy, Ifat, Harpaz-Rotem, Ilan & Schiller, Daniela (2023). Neural patterns differentiate traumatic from sad autobiographical memories in PTSD. Nature Neuroscience, 26, 2226-2236.


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