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Mit der „CHOOSE“-Technik an Organoiden zeigen, wie Autismus entsteht

Die Entwicklung des menschlichen Gehirns umfasst einzigartige Prozesse, die zu neurologischen Entwicklungsstörungen beitragen können. Das menschliche Gehirn nutzt einzigartige Prozesse für die Entwicklung und Vernetzung seiner unzähligen Zellen, wobei das Erbgut neben der Umwelt eine sehr wichtige Rolle bei der Gehirnentwicklung spielt. Fällt eines der für diese Entwicklung notwendigen Gene aus, etwa durch eine vererbte Genmutation, kann es zu leichten, in manchen Fällen aber auch zu sehr schweren Entwicklungsstörungen kommen. Mit einer neuen Methode gelang es Li et al. (2023), detaillierte Einblicke in die Entstehung von Autismus zu gewinnen, indem sie die Auswirkungen bestimmter Genmutationen in künstlichen Mini-Gehirnen analysierten. Sie wandten die „CHOOSE“-Technik (CRISPR-human organoids-single-cell RNA sequencing) auf die künstlichen Gehirnzellen im Labor an und konzentrierten sich dabei auf 36 Genmutationen, die allgemein als problematisch gelten. Alle diese Gene wurden in einem Organoid zerstört, in jeder Zelle eines, und man ließ das Organoid wachsen, während man untersuchte, welche Gene in jeder einzelnen Zelle aktiv oder inaktiv waren. Mit Hilfe von maschinellen Lernverfahren und komplexen Rechenprogrammen analysierten sie die Auswirkungen jeder einzelnen Mutation auf jede einzelne Zelle jedes Zelltyps und konnten so den Entwicklungsverlauf darstellen. So entstand ein frei zugänglicher Datensatz, in dem andere Wissenschaftler nachschauen können, was ein bestimmtes Gen im menschlichen Gehirn macht. Unterscheidet man nicht zwischen an- und abgeschalteten Genen, sondern nur zwischen Mutanten und Nichtmutanten, ermöglicht diese neue Methode auch die Suche nach gemeinsamen Merkmalen von Autismus. Es zeigte sich, dass es bestimmte Prozesse in der Gehirnentwicklung gibt, die besonders empfindlich auf defekte Gene und Genmutationen reagieren, zum Beispiel die Entwicklung der oberen Nervenzellschichten des Großhirns, eine Art Achillesferse des Gehirns in Bezug auf Autismus. Die Ergebnisse konnten durch in vitro Beobachtungen an Organoiden von zwei Betroffenen validiert werden, d.h. die Organoiddaten stimmten eng mit den klinischen Beobachtungen überein.

Literatur

Li, Chong, Fleck, Jonas Simon, Martins-Costa, Catarina, Burkard, Thomas R., Themann, Jan, Stuempflen, Marlene, Peer, Angela Maria, Vertesy, Ábel, Littleboy, Jamie B., Esk, Christopher, Elling, Ulrich, Kasprian, Gregor, Corsini, Nina S., Treutlein, Barbara & Knoblich, Juergen A. (2023). Single-cell brain organoid screening identifies developmental defects in autism. Nature, 621, 373-380.


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