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Mehrsprachigkeit bei Kindern

Wenn Kinder mehrsprachig aufwachsen, stehen Eltern und das Umfeld vor der Herausforderung, wie sie effektiv mit den Kindern kommunizieren ko?nnen. Eine etablierte Strategie ist der „One person, one language“-Ansatz. Dabei spricht jede Person konsequent eine bestimmte Sprache mit dem Kind, zum Beispiel Mutter Englisch, Vater Deutsch. So lernt das Kind beide Sprachen mu?helos von Grund auf. Eine andere Methode ist der ortsbezogene Einsatz der Sprachen. Zu Hause wird die Familiensprache gesprochen, etwa Englisch, wa?hrend draußen die Landessprache, beispielsweise Spanisch, verwendet wird. Das Kind assoziiert dann automatisch die jeweilige Umgebung mit der entsprechenden Sprache. Auch eine aktivita?tsbezogene Sprachaufteilung kann sinnvoll sein. Beim gemeinsamen Essen kommuniziert die Familie in Deutsch, beim Spielen wird Englisch verwendet. Oder die Sprachen sind zeitlich getaktet: Morgens Tu?rkisch, tagsu?ber Englisch, abends Franzo?sisch. So erlebt das Kind die Mehrsprachigkeit als natu?rlichen Teil seines Alltags. Entscheidend ist, dass Kinder mo?glichst oft und vielfa?ltig sprachlichen Input erhalten – in den Sprachen, mit denen sich Eltern und Umfeld am wohlsten fu?hlen. Denn die Forschung zeigt eindeutig: Eine mehrsprachige Erziehung bringt kognitive Vorteile mit sich. Das Gehirn wird flexibler, kann besser zwischen Aufgaben wechseln, irrelevante Informationen ausblenden und Probleme lo?sen. Studien belegen auch eine verbesserte Wahrnehmung und Aufmerksamkeit der Kinder.

Letztlich gibt es also nicht die eine „perfekte“ Mehrsprachigkeitsstrategie. Entscheidend ist, dass Eltern und Umfeld kreativ und konsequent vorgehen und dem Kind so die Chance geben, die Sprachen mu?helos zu erlernen.

Mehrsprachigkeit kann tatsa?chlich eine Reihe von Vorteilen fu?r das kognitive Funktionieren mit sich bringen. Studien haben gezeigt, dass das Erlernen und der regelma?ßige Gebrauch mehrerer Sprachen die sogenannte „kognitive Reserve“ des Gehirns sta?rkt. Dieses Konzept beschreibt die Fa?higkeit des Gehirns, Scha?den oder Verluste in bestimmten Funktionen durch alternative Netzwerke und Mechanismen zu kompensieren. Bei mehrsprachigen Menschen ist diese kognitive Reserve oft ho?her ausgepra?gt. Ihr Gehirn hat sozusagen mehr „Reservekapazita?t“ aufgebaut, um Beeintra?chtigungen wie den altersbe- dingten Abbau von Gehirnfunktionen besser ausgleichen zu ko?nnen. Die sta?ndige Aktivierung unterschiedlicher Sprachareale und die Notwendigkeit, die richtige Sprache zur richtigen Zeit anzuwenden, trainieren die kognitiven Fa?higkeiten auf vielfa?ltige Weise. Daru?ber hinaus fa?llt Mehrsprachigen oftmals das Erlernen neuer Konzepte oder das Lo?sen komplexer Aufgaben leichter. Ihr Gehirn ist sozusagen „beweglicher“ und kann Informationen flexibler verknu?pfen. Diese Vorteile ko?nnen sich im Laufe des Lebens als a?ußerst wertvoll erweisen, wenn es darum geht, die geistigen Fa?higkeiten mo?glichst lange zu erhalten.

Literatur

Bialystok Ellen, Craik Fergus I.M., Luk Gigi (2012). Bilingualism: Consequences for Mind and Brain. Trends Cognitive Sciences, 16, 240–250.
Gampe, A., Wermelinger, S., & Daum, M. M. (2019). Bilingual children adapt to the Needs of their communication partners, monolinguals do not. Child Development, doi:10.1111/cdev.13190.
Wermelinger, S., Gampe, A., & Daum, M. M. (2017). Bilingual toddlers have advanced abilities to repair communication failure. Journal of Experimental Child Psychology, 155, 84-94.


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