Hildegard von Bingen
Clara Schumann
Musik kann starke Gefühle in Menschen wecken, denn es reichen oft nur wenige Akkorde aus einem Lied und sie beginnen in Erinnerungen zu schwelgen, wollen plötzlich tanzen oder lösen sich in Tränen auf. Musik begleitet Menschen durch das Leben und gibt dem Alltag Struktur, denn auch dort ist man von Melodien umgeben, denn oft beginnt der Tag mit der Signation einer Nachrichtensendung und geht mit der Kennmelodie einer Fernsehserie zu Ende. Dazwischen liegen Handyklingeltöne, Musik am Arbeitsplatz, die Kaufhausmusikberieselung. Diese bewusst kaum wahrgenommenen Töne schreiben sich in das Gedächtnis ebenso ein wie gezielt Gehörtes und formen eine Art akustischen Lebenslauf. Musik wirkt direkt auf unser emotionales Gedächtnis und aktiviert Erinnerungen bis in die Kindheit, wobei oft wenige Takte reichen, um das Stück zu erkennen und zu wissen, wie es weitergeht, wobei auch meist die Gefühle von damals zurück kommen.
Wie man seit längerem weiß, gibt es im menschlichen Gehirn kein Sprachzentrum, sondern es ist gibt ein neuronales Netzwerk im Gehirn, in dem verschiedene Regionen zusammenarbeiten. Für Musik ist diese Verteilung und Vernetzung, also die Zusammenarbeit von verschiedenen Gehirnzentren vermutlich noch wesentlich stärker ausgeprägt, und zwar sowohl bei der Musikwahrnehmung als auch bei der Erinnerung und bei der Musikvorstellung. Dabei wird der Rhythmus von einer anderen Hirnregion verarbeitet als die Melodie oder die Klangfarbe, wobei Musik eben aufgrund seiner verteilten Struktur gegen den Ausfall einzelner Netzknoten sehr immun ist, sodass das Musikgedächtnis besonders robust ist, selbst wenn die Gehirnleistung etwa im Alter nachlässt. Hinzu kommt, dass es eine starke Verbindung von musikalischen Erinnerungen und Gefühlen gibt, was dazu führt, dass das musikalische Gedächtnis sehr dauerhaft ist, und zwar dauerhafter als alle anderen bewussten Erinnerungen. Gehirnforscher haben entdeckt, dass das prä-supplementär-motorische Areal daran beteiligt ist. Es gibt demnach einen Bereich im Gehirn, der sowohl für Emotionen als auch für Gedächtnis zuständig ist, wobei hinzukommt, dass dieses Areal auch für Bewegung zur Musik eine wichtige Rolle spielt. Bekanntlich ist das menschliche Gehirn im akustischen Bereich ständig auf Aufnahme – die Augen kann man schließen, die Ohren nicht – und dass es begierig alles aufsaugt, was gehört wird, wobei es unbedeutend ist, ob einem eine bestimmte Musik gefällt oder nicht, denn alles wird gespeichert, wobei manche Melodien wie etwa Werbejingles Menschen noch über Jahrzehnte verfolgen. Oft reicht ein extrem kurzes Stück davon aus, um eine intensive Erinnerung daran hervorzurufen, denn Melodien sind etwas Abstraktes, sie entwickeln sich über die Zeit und das Gehirn empfindet große Lust dabei, ständig Hypothesen aufzustellen, wie die Musik wohl weiter geht und um welches Lied es sich dabei handelt.
Musik ist eine der wichtigen Möglichkeiten, Bindungen und Verbindungen mit Menschen herzustellen, was zur genetischen Ausstattung gehört. Man weiß, dass Musik Gänsehaut verursachen kann, was einen in der Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Säugetiere herausgebildeten Reflex darstellt, der ursprünglich mit der Wärmeregulation zusammenhängt, die Gänsehaut verursacht. Offensichtlich hat sich dieser Reflex auf das Akustische übertragen, denn mit ihr will der Organismus innere Wärme, Nähe und Verbundenheit mit anderen herstellen. Um eine Gänsehaut zu bekommen, muss die Musik in der Regel interessant sein, einen Strukturwechsel haben und auch Neues enthalten. Besonders häufig stellt sich Gänsehaut aber bei besonders vertrauten Klängen ein, wobei hier die emotionale Reaktion mit individuellen Erfahrungen, Erinnerungen und Erwartungen verbunden ist. Neuere Untersuchungen legen aber die Vermutung nahe, dass nicht nur Emotion im Spiel ist, denn manche Menschen bekommen beim Hören von Musik eher Gänsehaut als anderen. In einem Experiment haben Colver & El-Alayli (2016) Testpersonen Musik mit Gänsehaut-Potenzial vorgespielt, einen Fragebogen und einen Persönlichkeitstest vorgelegt. Es zeigte sich, dass diejenigen, denen Musik häufig einen Schauer über den Rücken jagt, auch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale aufweisen, denn etwa besitzen sie eine ausgeprägte Vorstellungskraft, sind offen für neue Erfahrungen und setzen sich intensiv mit ihren Gefühlen auseinander. Damit widersprechen diese Ergebnisse der bisherigen Annahme, dass die Gänsehaut vor allem etwas damit zu tun hat, dass die Hörer eine tiefe emotionale Verbindung zur Musik besitzen, denn die Reaktion auf die Musik ist hier weniger emotional sondern mehr kognitiv. Die Testpersonen mit der Gänsehaut-Erfahrung sind vor allem sehr gut darin, sich vorzustellen, wie ein Musikstück weitergeht, was sie mit einer Kombination aus aufmerksamem Zuhören und Tagträumen machen. Wenn es in der Musik aber unerwartet Brüche in der Musik wie Steigerungen oder Tempi-Wechsel, dann ist der Schauer bei ihnen programmiert.
Beim Hören von werden im menschlichen Gehirn die selben Belohnungsmechanismen ausgelöst, wie sie auch bei Sexualität, bei dem Genießen eines guten Essens oder bei der Einnahme von Drogen auftreten, denen meist aber eine chemische Reaktion im Körper zu Grunde liegt. Offensichtlich kann Musik unabhängig von biologischen Bedürfnissen Ähnliches in den Menschen auslösen, was den neuronalen Verknüpfungen geschuldet ist, die durch Musik Erinnerungen auslösen, obwohl Musik in der Verarbeitung für das Gehirn extrem komplex ist, denn Rhythmen, Melodien und Tonhöhen müssen in der Region der Schläfenlappens miteinander kombiniert werden. Ist die Erinnerung an eine Lieblingsmusik etwa besonders positiv, wird die positive Emotion auch noch Jahre später bei ausgelöst, wenn man die selbe Musik noch einmal hört. Die dafür zuständige Hirnregion, der mittlere präfrontale Cortex, ist eine jener Areale im Gehirn ist, die funktional bis ins hohe Alter erhalten bleiben, sodass auch Menschen mit Alterserkrankungen wie Alzheimer oder Demenz darüber stimuliert werden können.
Gehirn, Gedächtnisleistung und Musik
Beim Hören von Musik wir der Schall im Innenohr in Nervenaktionsimpulse umgewandelt und vom Gehörnerv an den Hirnstamm weitergeleitet, wo er mehrfach umgeschaltet wird und schließlich als Signal den Schläfenlappen erreicht. Es gibt daher mindestens vier, meist sogar fünf Umschaltstationen, die der Schall durchläuft, bis er im Bewusstsein ankommt, wobei zusätzlich das Gehirn an jeder Station den Schall verarbeitet, filtert und ergänzt. Daraus lässt sich ableiten, dass jeder Mensch individuell verschieden Musik und generell Schall wahrnimmt. Das Ohr wird demnach nicht nur zur einfachen Schallaufnahme genutzt, sondern das Gehirn steuert mit, welche Haarzellen hinauf- und hinuntergeregelt werden, wobei die inneren Haarzellen zur Schallaufnahme dienen, während die äußeren Haarzellen die Reizaufnahme modellieren. Dadurch kann man sich auf bestimmte Reize konzentrieren und andere abschwächen, etwa auf der Straße oder in einer Menschenmenge Störgeräusche ausblenden, um genau zuzuhören, was jemand sagt (siehe dazu den Cocktailpartyeffekt).
Manchen Menschen gelingt es dabei besser als anderen, Störfaktoren auszublenden, wobei diese Fähigkeit zum Teil geerbt und zum Teil erlernt ist, denn man weiß, dass Kinder mit Musikunterricht bei der Filtersteuerung besser sind als Kinder ohne Unterricht. Wer früh mit musikalischem Training beginnt, kann daher nicht nur sein Gedächtnis verbessern und etwa Fremdsprachen leichter erlernen, sondern auch für später vorsorgen, denn Studien haben gezeigt, dass alte Menschen besser hören, wenn sie als Kind ein Instrument gelernt und ihr Leben lang musiziert haben. Durch die Musik hat das Gehirn gelernt, klangliche Reize zu schärfen und Störsignale abzudämpfen, sodass die Menschen, wenn ihr Gehör nachlässt, sich dennoch auf das Wesentliche konzentrieren können.
Emotionale Musik und Erinnerung
Alzheimer und Musikgedächtnis
Alzheimer-Patienten verlieren im Laufe der Krankheit große Teile ihres Gedächtnisses und erkenne selbst engste Angehörigen nicht mehr, jedoch ist die Erinnerung an Musik davon wenig betroffen, denn hören die Betroffenen bekannte Lieder, dann singen sie unwillkürlich mit, sogar dann, wenn sie nicht mehr sprechen können. Durch Musik lassen sich daher manchmal auch andere, verloren geglaubte Erinnerungen wieder beleben. Jacobsen et al. (2015) haben sich in einer ersten neurowissenschaftlichen Studie mit diesem Phänomen des erhaltenen Musikgedächtnisses bei Alzheimer-Patienten befasst und eine mögliche anatomische Erklärung dafür gefunden. Für die Langzeit-Musik-Erinnerung ist ein völlig anderes Hirnareal zuständig als bisher angenommen, nämlich der supplementär-motorische Cortex, der unter anderem eine Rolle beim Lernen von Handlungsabläufen oder der Steuerung komplexer Bewegungsabfolgen spielt. Es zeigte sich, dass nicht wie bisher vermutet die Temporallappen für die Musikerinnerung essentiell sind, sondern vielmehr Bereiche, die mit komplexen motorischen Abläufen assoziiert sind. Bei Alzheimer-Patienten fanden sich in diesen zwar genauso viele Ablagerungen des schädlichen Amyloid wie in anderen stark vom Schwund betroffenen Arealen, doch im Gegensatz zu diesen zeigte das Musik-Aral deutlich weniger Einbußen im Hirnstoffwechsel und schrumpfte auch viel weniger stark als andere Hirnbereiche. Die Zerstörungen durch Alzheimer gehen dadurch an den am Musik-Gedächtnis beteiligten Arealen fast spurlos vorüber, wobei das Areal des Musikgedächtnisses sogar zu jenen Gebieten mit den niedrigsten Schrumpfungsraten und Stoffwechseleinbußen im gesamten Gehirn gehört. Da dieses Gedächtnis in einem erst sehr spät und vergleichweise wenig von Alzheimer betroffenen Hirnbereich liegt, bleibt diese Fähigkeit erhalten, wobei dieses Areal zusätzlich enge Verknüpfungen mit weiteren weniger stark geschädigten Hirnarealen besitzt, die wohl dazu beitragen, Ausfälle zu kompensieren, sodass über die Musik auch andere Erinnerungen reaktiviert werden können.
Hier ähneln solche Melodien Gerüchen, die Menschen ebenfalls in die Vergangenheit zurückführen und Emotionen auslösen. Siehe dazu Geruch und Emotion.
Musik und Sprache
Sowohl beim Musizieren als auch beim Musikhören werden sehr viele unterschiedliche neuronale Netzwerke aktiviert, wobei die Aktivierung des Neocortex in der rechten Hirnhälfte bei Musik allerdings stärker als diejenige in der linken. Bei Sprache verhält es sich genau umgekehrt, doch die komplexen Gehirnstrukturen für Sprache und Musik überlappen einander. Bei Schlaganfallpatienten mit Sprachstörungen ist die linke Gehirnhälfte meist stark beeinträchtigt, während die rechte aber weiter normal funktioniert, sodass sie Lieder wie „Fuchs du hast die Gans gestohlen“ noch
abrufen können, und zwar sowohl Melodie als auch Text. Übt man man das gezielt, regeneriert sich mit der Zeit meist auch die allgemeine Sprachfähigkeit, d. h., die Musik hilft der Sprache gleichsam auf die Sprünge. Betroffene beginnen dann im Alltag, einfache Mitteilungen, die sie nicht aussprechen können, zu singen, und über diesen Umweg lernen nicht wenige mit der Zeit, wieder recht fließend normal zu sprechen.
Sprache und Musik sind im Gehirn eng miteinander verbunden, wobei die Prozesse von Sprache und Musik im Gehirn offenbar denselben Mustern folgen, wie zahlreiche Experimente gezeigt haben. Sprache spielt sich in der linken, rationalen Gehirnhälfte ab, während Musik vor allem für die rechte, emotionale relevant ist. Allerdings findet Sprache überall im Gehirn statt, denn obwohl die Schädigung von Gehirnregionen wie dem Broca-Areal und Wernicke-Areal spezifische Effekte auf die Produktion und das Verständnis von Sprache haben, gibt es kein Areal, von der man sagen kann, dass Sprache allein dort produziert wird. Demnach ist das menschliche Gehirn viel komplexer, als alte Stereotypen diesem das zugestehen, wobei in beiden Gehirnhälften, und zwar sowohl vorne als auch hinten, viele verschiedene für Sprache wichtige Regionen liegen, und erst die Interaktion zwischen diesen macht Sprache möglich. Auch Musik funktioniert durch im Gehirn miteinander verbundene Netzwerke und nicht in säuberlich voneinander getrennten Regionen, wobei sich die neuronalen Netzwerke für Sprache und Musik überlappen. Musik gehört nämlich zu einer der zentralen Behandlungsmethoden für Aphasie, also Sprachverlust, denn wenn jemand etwa aufgrund eines Schlaganfalls an Aphasie leidet, kann diese Mensch zwar nicht sprechen, behält dafür aber oft ihre Fähigkeit zu singen. Diesen Umstand kann man in der Therapie nutzen, um die Betroffenen wieder zum Sprechen zu bringen, und zwar indem man deren musikalische Fähigkeiten etwa im Rahmen der Musikalischen Intonationstherapie trainiert.
Wirkung trauriger Musik
Taruffi & Koelsch (2014) haben in einer Studie Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu ihren Musikvorlieben befragt, wobei diese darüber Auskunft geben sollten, wie gern sie welche Musik im Allgemeinen hören, welche Musik sie in welcher Stimmung bevorzugen und wie sie sich dabei fühlen. Es zeigte sich, dass vor allem traurige Musik eine große Bandbreite komplexer Gefühle hervorruft, die durchaus auch positiv wirken können, denn bei der Wirkung der Musik auf jeden Einzelnen geht es vor allem um Mitgefühl. Es hat sich in der Studie gezeigt, dass Menschen mit hohem Einfühlungsvermögen und geringer emotionaler Stabilität besonders deutlich von trauriger Musik profitieren, denn diese hilft ihnen in besonderem Maße, ihre eigenen negativen Gefühle zu regulieren, diese einzuordnen und Trost zu finden. Menschen greifen zwar vor allem bei Kummer zu trauriger Musik, doch Kummer ist jedoch meist nicht das entscheidende Gefühl, das die Musik hervorruft, sondern Nostalgie, also eine Mischung aus Freude und Trauer, da vor allem Erinnerungen Menschen in traurige Stimmung versetzen. Menschen aus östlichen Kulturen empfinden übrigens häufig dann Ruhe und Frieden, wenn sie traurige Musik hören, wobei auch Zärtlichkeit und Übersinnliches mit traurigen Klängen verbunden wird.
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Tipp: Es kommt häufig vor, dass sich Menschen die passende Musik zu ihrer Stimmung aussuchen, d. h., wenn sie traurig sind, dann suchen sie sich traurige Musik aus. Doch es ist aus Sicht der Psychologie viel vernünftiger, die Musik zu hören, die zu jener Stimmung passt, in die Menschen kommen wollen, also wenn man etwa Sport machen möchte, dann sollte man Musik hören, die vitalisiert und ermuntert. Musik sendet an das Sprach- und Denksystem einerseits Störsignale, hat aber gleichzeitig auch positive Effekte darauf. Musik beeinflusst nicht nur die Stimmung, sondern auch das Denken, d. h., es gibt nicht nur emotionale sondern auch mentale Effekte durch die Musik.
Musik und Denkweise
Nach Untersuchungen (Greenberg, 2014) gibt es einen Zusammenhang zwischen Musikgeschmack und der Denkweise eines Menschen: Menschen mit einem einfühlsamen Wesen neigen eher zu ruhigeren Musikstücken wie Soft Rock, Country-Musik oder Jazz, während Menschen mit systematischer Denkweise eher zu dramatischer, schneller Musik neigen.
Musik und Gänsehaut
Sachs et al. (2016) zeigte, dass sich die Menschen sehr stark darin unterscheiden, ob sie beim Hören bestimmte Musik eine Gänsehaut bekommen. Menschen, die beim Musikhören Gänsehaut bekamen, besitzen eine stärkere Konnektivität der weißen Substanz zwischen sensorischen Verarbeitungsbereichen im oberen zeitlichen Gyrus und emotionalen und sozialen Verarbeitungsbereichen im Insula- und medialen präfrontalen Cortex, der die individuellen Unterschiede in der Belohnungsempfindlichkeit gegenüber Musik erklärt. Diese Ergebnisse liefern Hinweise auf eine neuronale Grundlage für individuelle Unterschiede im sensorischen Zugang zum Belohnungssystem und deuten auch darauf hin, dass die sozial-emotionale Kommunikation über den auditiven Kanal eine evolutionäre Grundlage für das Musizieren als ästhetisch lohnende Funktion beim Menschen bieten kann. Menschen, die beim Musikhören Gänsehaut bekommen haben, zeigen eine ausgeprägtere Fähigkeit intensive Emotionen zu erleben.
Musik hat die Fähigkeit, beim Menschen starke positive Gefühle in Form von Gänsehauterlebnissen hervorzurufen, wobei sie das Belohnungssystem des Gehirns aktiviert. Ziel einer Studie von Chabin et al. (2020) war es zu zeigen, dass ein EEG hoher Dichte in der Lage ist, Muster zerebraler Aktivitäten aufzudecken, die zuvor durch fMRI- oder PET-Scans identifiziert worden waren, wenn die Probanden und Probandinnen11 weiblich, 7 männlich) einen angenehmen musikalischen Schauer erlebten. Dafür wurden den Versuchspersonen verschiedene Ausschnitte ihrer Lieblingsmusik vorgespielt, wobei die Intensität der Gefühle an den Gehirnwellen tatsächlich ablesbar war. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass das EEG eine verlässliche Methode und ein vielversprechendes Instrument zur Untersuchung der musikalischen Freude durch musikalische Belohnungsverarbeitung sein könnte. Neben den Aktivitäten in drei Gehirnregionen, in denen die Musik verarbeitet wurde, wurde gleichzeitig das Belohnungssystem aktiviert sowie Dopamin ausgeschüttet, das bekanntlich Zufriedenheit und Freude auslöst. Gemeinsam mit der Vorfreude auf die Lieblingsmusik entstand bei den Probanden und Probandinnen das angenehme Kribbeln im Körper, das man als Gänsehaut umschreiben kann. Diese Funktion könnte etwa in der Erwartung des freudigen Schauers liegen, denn vorherzusehen, was demnächst passiert, könnte in der Evolution auch von Vorteil gewesen sein.
Musik als Stimmungsaufheller bei Depressionen
Die Verwendung der 2. Person in Liedern
Packard & Berger (2020) haben Textanalysen von Tausenden von Liedern (Country, christlicher Pop, Dancefloor, R ’n‘ B, Rock, Pop, Rap) und Analysen von Chart-Platzierungen vorgenommen und konnten dabei zeigen, dass Songs, die viele Pronomen der zweiten Person verwenden, erfolgreicher sind. Sie vermuten, dass Lieder, die sich direkt an die HörerInnen wenden, diese dazu ermutigen, an jemanden aus ihrem eigenen Lebensumfeld zu denken. Die HörerInnen stellen sich daher hinter dem You wohl jemanden vor, den sie selbst lieben oder geliebt haben. Damit werden in den Vorstellung der Menschen Gefühle von sozialer Nähe zu anderen hergestellt, wobei es sie in ein Art Protagonistenrolle versetzt, als sängen sie selbst dieses Lied für die betreffende Person. Packard & Berger konnten auch zeigen, dass Lieder dann kommerziell erfolgreicher waren, in denen besonders häufig das Wort „you“ verwendet beziehungsweise gesungen wurde.
Literatur
Chabin, Thibault, Gabriel, Damien, Chansophonkul, Tanawat, Michelant, Lisa, Joucla, Coralie, Haffen, Emmanuel, Moulin, Thierry, Comte, Alexandre & Pazart, Lionel (2020). Cortical Patterns of Pleasurable Musical Chills Revealed by High-Density EEG. Frontiers in Neuroscience, 14, doi:10.3389/fnins.2020.565815.
McClay, Mason, Sachs, Matthew E. & Clewett, David (2023). Dynamic emotional states shape the episodic structure of memory. Nature Communications, 14, doi:10.1038/s41467-023-42241-2.
Colver, Mitchell C. & El-Alayli, Amani (2016). Getting aesthetic chills from music: The connection between openness to experience and frisson. Psychology of Music, 44, 413-427.
Drösser, C. (2021). Wie wir uns an Musik erinnern.
WWW: https://www.swr.de/swr2/wissen/wie-wir-uns-an-musik-erinnern-102.html (21-08-03)
Greenberg, D. M. (2014). Musical Preferences and their Psychological Correlates. Paper presented at the Psychology, Sociology, and Politics Research Conference. Sheffield Hallam University, Sheffield, United Kingdom.
Jacobsen, Jörn-Henrik, Stelzer, Johannes, Fritz, Thomas Hans, Chételat, Gael, La Joie, Renaud & Turner, Robert (2015). Why musical memory can be preserved in advanced Alzheimer’s disease. Brain, 138, DOI: http://dx.doi.org/10.1093/brain/awv135.
Lv, Xin, Wang, Yuhan, Zhang, Yingying, Ma, Shuo, Liu, Jie, Ye, Kuanghao, Wu, Yunhao, Voon, Valerie & Sun, Bomin (). Auditory entrainment coordinates cortical-BNST-NAc triple time locking to alleviate the depressive disorder. Cell Reports, doi:10.1016/j.celrep.2024.114474.
Norman-Haignere, Sam V.Cortex Feather, Jenelle, Boebinger, Dana, Brunner, Peter, Ritaccio, Anthony, McDermott, Josh H., Schalk, Gerwin & Kanwisher, Nancy (2022). A neural population selective for song in human auditory cortex. Current Biology,doi:10.1016/j.cub.2022.01.069.
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Taruffi, L. & Koelsch, S.(2014). The Paradox of Music-Evoked Sadness: An Online Survey. PLoS ONE 9(10): e110490. doi:10.1371/journal.pone.0110490.doi:10.1371/journal.pone.0110490.
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Tolle Blätter, bin begeistert. Hab meine Diplomarbeit über Musik geschrieben
Jetzt kommt die Doktorarbeit – über Die Erinnerung an Musik und Emotion. Michael Jackson
Ich würde gern auf Besuch kommen um mich zu vernetzen, zuzuhören.
Lg. Mag. Marlene D. Eibel