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Wie beeinflussen Emotionen das Gedächtnis und die Erinnerungen?

Menschliche Emotionen schwanken im Laufe der Zeit, aber es ist unklar, wie diese wechselnden emotionalen Zustände die Organisation des episodischen Gedächtnisses beeinflussen. McClay, Sachs & Clewett (2023) haben nun untersucht, inwieweit die emotionale Dynamik Erfahrungen in erinnerungswürdige Ereignisse umwandelt. Um die Rolle von Emotionen zu erforschen, führten sie einen speziellen Gedächtnistest mit Versuchspersonen durch, bei dem ihnen verschiedene Bilder auf einem Computerbildschirm gezeigt wurden, wie z. B. eine Wassermelone, eine Geldbörse oder ein Fußball. Sie sollten sich eine Geschichte ausdenken, die die verschiedenen Bilder miteinander verbindet. Während die Probanden die Bilder betrachteten, hörten sie eigens für das Experiment komponierte Musik, die bei ihnen fröhliche, ängstliche, traurige oder ruhige Gefühle auslösen sollte. Am nächsten Tag sollten die Probanden die Reihenfolge der Bilder, die sie gesehen hatten, wiedergeben.

Die Ergebnisse zeigten, dass das Gedächtnis um emotionale Zustände herum organisiert ist, denn während des Musikhörens beeinflussten Schwankungen zwischen verschiedenen emotionalen Zuständen den zeitlichen Kodierungsprozess in Richtung Gedächtnisintegration oder -dissoziation. Während eine große absolute oder negative Valenzverschiebung dazu beitrug, Erinnerungen in Episoden zu trennen, verband eine positive emotionale Verschiebung sequenzielle Repräsentationen von Erinnerungen miteinander, d.h. die Teilnehmer erinnerten sich besser und kohärenter, wenn ihre Emotionen von neutral zu positiv wechselten, während ein Wechsel von neutralen zu negativen Emotionen das Erinnerungsvermögen beeinträchtigte und dazu führte, dass die Teilnehmer einen größeren mentalen Abstand zwischen den Bildern schufen. Sowohl diskrete als auch dynamische Veränderungen der musikinduzierten Valenz und Erregung verstärkten auch die verzögerte Erinnerung an Objekte und zeitliche Quellen für simultane neutrale Objekte und signalisierten den Beginn neuer emotionaler Ereignisse.

Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit der Vorstellung, dass das Auf und Ab von Emotionen die sich entwickelnden Erfahrungen zu Erinnerungen an bedeutsame Ereignisse formen kann. Die Ergebnisse bestätigen auch, warum alltägliche Ereignisse wie Feuerwerkskörper Erinnerungen an traumatische Erlebnisse auslösen können. Es besteht daher die Hoffnung, dass positive Emotionen mit Hilfe von Musik Menschen mit posttraumatischen Belastungsstörungen dabei helfen können, die ursprüngliche Erinnerung zu verpacken und wieder zu integrieren, so dass die negativen Emotionen nicht in den Alltag überschwappen.

Literatur

McClay, Mason, Sachs, Matthew E. & Clewett, David (2023). Dynamic emotional states shape the episodic structure of memory. Nature Communications, 14, doi:10.1038/s41467-023-42241-2.


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