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Leptin-Ghrelin-Balance: Schlaf und Körpergewicht

Bekanntlich neigen manche Menschen zur Fettleibigkeit, was nicht zu einem geringen Teil auch an der schlechten Schlaforganisation liegen kann. Nicht nur Bewegungsmangel und fehlerhafte Ernährung sind daher am Übergewicht mancher Menschen schuld, sondern auch ein unregelmäßiger und schlecht organisierter Schlaf. Neben der Regeneration hat der Schlaf auch Einfluss auf den menschlichen Stoffwechsel, denn es wird im Nachtschlaf das appetitzügelnde Hormon Leptin freigesetzt, im Wachzustand das appetitanregende Hormon Ghrelin. Leptin wird in den Fettzellen gebildet und ist in erhöhter Dosis bei Fettleibigen vorhanden, und angereichert kann es seine Wirkung nicht mehr entfalten und es kommt zu einer Art Resistenz, d. h., der Hunger bleibt. Der Hypothalamus umfasst ein komplexes System von Leptinrezeptoren, wobei wenn der Leptinspiegel steigt, bindet Leptin an die Leptinrezeptoren im Hypothalamus an und das Gehirn sendet das Signal, dass genügend Energie vorhanden ist und die Stoffwechselrate steigt. Wenn der Leptinspiegel sinkt, dann stellt dies für das Gehirn das Signal dar, dass man nicht mehr über genügend Energie verfügt und das Gehirn sendet die Nachricht aus, dass man hungrig ist und die Stoffwechselrate sinkt. Leptinrezeptoren befinden sich hauptsächlich im Hypothalamus, aber es gibt auch im restlichen Körper an vielen Stellen Leptinrezeptoren. Es muss sich also der Leptinspiegel im richtigen Bereich befinden, wenn man schlank bleiben will. Je länger sich der Körper in einem Kaloriendefizit befindet, desto stärker sinken Leptinspiegel und die Stoffwechselrate, sodass sich der Stoffwechsel verlangsamt und dass es extrem schwer wird, weiter Fett abzubauen. Das Hunger-Gefühl wird dann von Ghrelin angefacht, das bei leerem Magen und Schlafmangel ausgeschüttet wird und man verspürt das Verlangen etwas zu essen. Die Insulin-Konzentration ist im Blut bei schlechtem Schlaf niedriger als nach normalen Schlaf, wobei das Insulin dafür zuständig ist, den Zucker aus dem Blut in die Körperzellen zu schaffen.

Bei einer Leptin-Resistenz reagieren die Sättigungszentren nicht mehr auf das Hormon, wobei man bisher davon ausging, dass die Ursache der Hormonresistenz ein gestörter Transportprozess ist, da das Leptin nur noch eingeschränkt die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann und so weniger in den Sättigungszentren ankommt. Neuere Studien (Harrison et al., 2018) haben aber bei Mäusen gezeigt, dass die Ursache für diese Störung weniger im Transport als eher in den Nervenzellen selber liegt.

FettleibigkeitBesonders das Hormon Ghrelin reguliert den Appetit, fördert nach neuen Erkenntnissen auch das Wachstum neuer Hirnzellen und schützt die Zellen so vor Umwelteinflüssen, indem es so deren Alterung verlangsamt. Injiziert man Mäusen Ghrelin, schneiden sie in Lern- und Erinnerungstests besser ab, wobei sich in ihren Gehirnen vermehrt neuronale Verschaltungen nachweisen lassen. In der Petrischale teilen und vervielfachen sich Gehirnzellen unter dem Einfluss von Ghrelin, d. h., die Neurogenese wird durch Ghrelin stimuliert. Bedeutung könnten diese Erkenntnisse für die Parkinsonforschung haben, denn das Hungerhormon Ghrelin kann Dopaminzellen vor biochemischen Stress schützen und ist damit ein potenzieller Kandidat, der das Fortschreiten der Parkinsonsymptome möglicherweise stoppen könnte. Parkinsonpatienten mit Gedächtnisstörungen zeigen im Blut oft sehr geringe Werte von Ghrelin, sodass diese Patienten von einer Ersatztherapie profitieren könnten. Im Übrigen können stark kalorienreduzierte Diäten nachweisbar das Ghrelinniveau im Blut anheben, woraus sich der Spitzname Hungerhormon ableitet.

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Wenn man kontinuierlich deutlich mehr Kalorien konsumiert als man verbraucht, dann kann der Körper resistent gegen Leptin werden, was bedeutet, dass der Körper nicht mehr erkennen kann, ob der Körperfettspiegel zu hoch ist und die Leptinrezeptoren unempfindlich gegenüber Leptin werden. Je stärker eine solche Leptinresistenz ausfällt, desto stärker neigt der Körper dazu, Fett anzulegen und zu bleiben anstatt schlank zu werden. Auch Toxine und andere Stressoren können in einer Leptinresistenz resultieren. Wer nicht zunehmen und sogar vielleicht abnehmen will, muss daher darauf achten, dass der Hungerhormon-Spiegel möglichst ausgewogen ist, was man am besten durch eine ausgewogene Ernährung in Kombination mit viel Sport erreichen kann. Wird dieses hormonelle Gleichgewicht nämlich durch zu wenig Nachtschlaf verschoben, kann das appetitzügelnde Leptin nicht mehr seine Wirkung entfalten. Durch diese appetitzügelnde Wirkung des Leptins ist der Körper übrigens erst in der Lage, ohne Schwierigkeiten über die Nacht bis zu zwölf Stunden ohne Nahrungsaufnahme auszukommen. Bekanntlich haben Menschen nach einer schlafarmen Nacht oft Heißhungerattacken oder den Drang, jetzt rasch etwas essen zu müssen.

Eine Studie über Schlafmuster (Lunsford-Avery et al., 2018) legte nahe, dass regelmäßige Schlafenszeiten und Aufwachzeiten für die Herz- und Stoffwechselgesundheit bei älteren Menschen wichtig sind, denn Menschen mit unregelmäßigen Schlafmustern hatten einen höheren Blutzuckerspiegel und einen höheren Blutdruck und wogen aber auch mehr. Dieser Zusammenhang zwischen der Regelmässigkeit des Schlafens und der Gesundheit von Herz und Stoffwechsel bedeutet allerdings keine einseitige Kausalität, sondern es können auch Gesundheitsprobleme ihrerseits den Schlaf beeinflussen. Ein gut organisierter Schlaf ist aber sicher auch deshalb wichtig, wie gut die aufgenommene Nahrung verarbeitet wird. Ein gut organisierter Schlaf kann aber vermutlich beim Abnehmen helfen, denn es gilt, den Schlaf als längste Fettverbrennungsphase auch zu nutzen. Daher geht es nicht nur um ausreichenden Schlaf, sondern auch um die Nutzung des Zyklus von Leptin und Ghrelin. Allerdings steckt man hier noch in den Anfängen der einschlägigen Forschung, doch eines weiß man sicher: Schlafmangel setzt das Hungerhormon Ghrelin frei und verringert damit gleichzeitig die Konzentration des Sättigungshormons Leptin, und das kann dick machen, denn das führt dazu, dass im Gehirn verstärkt Hungergefühle und vermindert Sattheit erzeugt wird.

Die Berechnung des BMI ist für viele Menschen wichtig, um zu erkennen ob Sie Über-, Unter- oder Normalgewicht haben. Der Body-Mass-Index (BMI) ist zur Zeit die einfachste und auch in der Wissenschaft gebräuchlichste Methode zur Berechnung des (Normal)gewichts:

(c) www.BMI-Rechner.net | Kalorien

Amen et al. (2020) stellten jüngst einen Zusammenhang zwischen dem Body-Mass-Index von über 17000 Probanden und ihrer Gehirndurchblutung fest, wobei je höher das Übergewicht war, desto weniger gut wurden wichtige Hirnbereiche mit Blut versorgt. Diese Korrelation war sowohl in Ruhe als auch bei Denkaufgaben feststellbar und zeigte eine fast lineare Abnahme der Durchblutung schon bei leichtem Übergewicht. Besonders deutlich war dies bei Arealen, die als anfällig für Alzheimer gelten, also dem Schläfen- und Scheitellappen, aber auch bei dem für das Gedächtnis wichtigen Hippocampus und den ebenfalls am Lernen und am Gedächtnis beteiligte Gyrus cinguli. Unabhängig von Alter und Geschlecht sank die Durchblutung in all diesen Arealen mit steigendem Body-Mass-Index ab. Dies könnte eine mögliche physiologische Erklärung dafür liefern, warum Fettleibigkeit ein Risikofaktor für Alzheimer ist, denn wenn bestimmte Gehirnareale nicht mehr ausreichend durchblutet werden, kann dies auf Dauer zum Abbau der Hirnsubstanz und zu Beeinträchtigungen der Funktionalität führen.

Literatur

Amen, Daniel G., Wu, Joseph, George, Noble 6 Newberg, Andrew (2020). Patterns of Regional Cerebral Blood Flow as a Function of Obesity in Adults. Journal of Alzheimer’s Disease, doi:10.3233/JAD-200655.
Harrison, Luke, Schriever, Sonja C., Feuchtinger, Annette, Kyriakou, Eleni, Baumann, Peter, Pfuhlmann, Katrin, Messias, Ana C., Walch, Axel, Tschöp, Matthias H. & Pfluger, Paul T. (2018). Fluorescent blood–brain barrier tracing shows intact leptin transport in obese mice. International Journal of Obesity, doi:10.1038/s41366-018-0221-z.
Jessica R. Lunsford-Avery, Matthew M. Engelhard, Ann Marie Navar, Scott H. Kollins (2018). Validation of the Sleep Regularity Index in Older Adults and Associations with Cardiometabolic Risk. Scientific Reports, 8, doi:10.1038/s41598-018-32402-5.


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