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Das Gedächtnis im Alter

*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Nach Expertenmeinung erreicht mit Anfang 40 das menschliche Gedächtnis den Zenit seiner Leistungsfähigkeit, danach lässt das autobiografische und Faktengedächtnis allmählich nach. Studien bestätigten, dass ältere Erwachsene im Vergleich mit jüngeren häufiger Stellvertreterwörter wie „der Dingsda“ oder „das Teil“ anstatt der konkreten Bezeichnung für eine Person oder einen Gegenstand benutzen.  Auch zahlreiche neurowissenschaftliche Forschungsarbeiten belegen, dass Altern mit einem Rückgang der geistigen Leistungsfähigkeit verbunden ist, aber Altern ist  nicht nur Abbau, sondern auch Anpassung. Welche strukturellen und funktionellen Veränderungen im Gehirn mit dem Altern verbunden sind, ist Gegenstand vielfältiger Untersuchungen in der gegenwärtigen biopsychologischen Alternsforschung. Von zentralem Interesse ist dabei, inwiefern auch adaptive Prozesse der neuronalen Plastizität mit dem Altern verbunden sind. Die dabei erlangten Erkenntnisse reflektieren eine Vielzahl von möglichen Ursachen und Mechanismen für die Erklärung altersabhängiger neurokognitiver Veränderungen.

Eine neuere Erklärung, warum sich das Gedächtnis im Zuge des Alterns verschlechtert, stammt von Wåhlin & Nyberg (2019), die vermuten, dass das Gehirn im Alter durch den Herzschlag stärker belastet wird, denn sobald sich die großen Arterien im Laufe der Jahre versteifen, kommt es zu einer Schädigung der kleinsten Blutgefäße im Gehirn. Das Modell liefert eine Begründung dafür, warum bestimmte kognitive Prozesse durch den vorgeschlagenen Mechanismus einem besonders hohen Risiko ausgesetzt sind. Wenn der menschliche Körper altert, versteifen sich große Arterien wie die Aorta und verlieren einen Großteil ihrer Fähigkeit, die Zunahme des Drucks abzufangen, der beim Pumpen von Blut in die Arterien entsteht, sodass es zur Weitergabe an kleinere Blutgefäße wie etwa jenen im Gehirn kommt. Die Kapillaren im Gehirn werden erhöht belastet, die ihrerseits zur Schädigung der Zellen im Inneren und jener der Kapillarwände umgebenden Zellen führt. Sind diese kleinsten Blutgefäße geschädigt, ist das der Fähigkeit abträglich, die Blutversorgung des Gehirns bei anspruchsvollen kognitiven Prozessen zu erhöhen. Vor allem der Hippocampus ist gefährdet, also jenes Areal, das beim episodischen Gedächtnis eine wichtige Rolle spielt. Diese Gefährdung beruht darauf, dass der Hippocampus sich in der Nähe großer Blutgefäße befindet, die früh einer erhöhten Belastung ausgesetzt sind. Während die Pulsation bei einem jungen Menschen sanft ist, kann sie bei einem alternden Menschen so stark werden, dass das Gehirngewebe beeinträchtigt wird und es zur Schädigung der Blutversorgung kommen kann.


Kuriosum: Eine amerikanische Untersuchung hat bei ältere Menschen über sechzig Jahren gezeigt, dass das Gehirn bei diesen je nach Jahreszeit unterschiedlich leistungsfähig ist, wobei Teilnehmer und Teilnehmerinnen im Spätsommer und Herbst in neuropsychologischen Tests so gut abschnitten wie im Schnitt fünf Jahre jüngere Studienteilnehmer im Winter und Frühling.

Hans Markowitsch (Universität Bielefeld) verweist darauf, dass ungefähr ab dem 50. Lebensjahr auch das autobiografische Gedächtnis abgebaut wird, ebenso Teile des Faktengedächtnisses, also das deklarative Gedächtnis, das Informationen speichert, auf die bewusst zugegriffen wird. Mit zunehmendem Alter können daher bestimmte kognitive Fähigkeiten abnehmen, sodass die Veränderungen des Arbeitsgedächtnisses, der Aufmerksamkeitsprozesse und des räumlichen Denkens die Bedienung technischer Geräte in Arbeit und Alltag beeinträchtigen können. Insgesamt betrachtet vergisst der Mensch jedoch relativ wenig, denn das nichtdeklarative Gedächtnis ist gar nicht alterssensibel, bekanntlich laufen Verhaltensweisen wie Schwimmen oder Radfahren auch im hohen Alter noch automatisch und verlässlich ab. Das „schlechtere Gedächtnis“ liegt aber oft auch daran, dass es Älteren oft schwerer fällt, Störfaktoren auszublenden und sich auf das Wichtige zu konzentrieren. Ältere Menschen sollten in solchen Situationen gelassen bleiben, denn Stress, Leistungsdruck und Angst sind Gift für das Erinnern. Wer sich nämlich ständig mit seinen Gedächtnisproblemen auseinandersetzt, blockiert sich selbst und verschlimmere die Situation. Oft handelt es sich auch um ein Zugriffsproblem, denn die Kapazität des Langzeitgedächtnisses ist beinahe unbegrenzt, allerdings sammeln sich im Laufe eines Lebens so viele und auch so ähnliche Information an, dass man die gewünschte nicht mehr so schnell findet. Monika Knopf (Goethe-Universität Frankfurt/Main) stellte fest, dass im Allgemeinen das Gedächtnis auch im höheren Alter dann gut funktioniert, wenn besonders Sachen und Ereignisse erinnert werden müssen, die sie eine konkrete Situation eingebunden sind, wenn also Erinnerungsstützen vorhanden sind. Übrigens auch Jüngeren macht es Probleme, sich den Namen eines Menschen zu merken, den man mit vielen anderen zugleich kennengelernt hat.

Übrigens: Die Gehirne von Frauen sind gemessen am Stoffwechsel übrigens im Durchschnitt deutlich jünger als die von gleichaltrigen Männern, was auch erklärt, warum das Gedächtnis von Frauen im Alter besser funktioniert als das von Männern. Allerdings altert das Gehirn bei Männern nicht schneller, denn schon zu Beginn des Erwachsenenalters ist das Gehirn von Männern drei Jahre älter als das von Frauen, und das ändert sich im weiteren Leben nicht mehr. Ursache dafür ist vermutlich, dass Hormone in jungen Jahren starken Einfluss auf die Gehirnentwicklung der Geschlechter haben.

*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Ein hoher Leistungsstandard kann jedoch aufrechterhalten bleiben, wenn Betroffene Strategien der Selektion, Optimierung und Kompensation anwenden. Daher sollte man ältere Benutzer im Umgang mit neuen Technologien durch spezielle Trainingsmaßnahmen beim Wissenserwerb unterstützen. Es sollte vor allem darauf geachtet werden, dass eine größere Schrift verwendet und die Belastung des Arbeitsgedächtnisses auf einem geringeren Niveau gehalten wird, wobei Letzteres besonders durch eine anfängliche Reduzierung der Komplexität erreicht werden kann. Das läßt sich dadurch bewerkstelligen, dass Zusatzfunktionen zunächst deaktiviert und erst nach einer Phase der Wissensvermittlung freigeschaltet werden. wodurch es zu einer Fehlerreduktion und Motivationsverstärkung kommt.

Zusätzlich hilfreich sind folgende Aktivitäten:

  • Körperliche Tätigkeit fordert das Gehirn und ist der stärkste Reiz ist, um Alterungsprozessen im Gehirn entgegenzuwirken. Eine Untersuchung bei Frauen zwischen 70 und 81 Jahren zeigte, dass regelmäßige körperliche Aktivität einschließlich schnellen Gehens eine bessere Hirnleistung und verringerten Rückgang geistiger Fähigkeiten zur Folge hat. Auch Walken, leichtes Joggen, Radfahren, Schwimmen oder Tanzen sind geeignet.
  • Geistige Alltags-Aktivitätkann dadurch gefördert werden:
    • Einkaufszettel nicht benutzen und erst am Ende schauen, ob man etwas vergessen hat.
    • Buch oder Zeitung umdrehen, so dass die Buchstaben Kopf stehen und zehn Zeilen lesen.
    • Lesen und das Gelesene nacherzählen.
    • Handwechsel beim Zähneputzen.
  • Zum Gehirnjogging gehören Schach, Skat, Memory, manche Computerspiele, Erlernen einer Sprache oder eines Instrumentes. Wichtig: Wenn solche Übungen keinen Spaß machen und man sich zu solchen Gedächtnisübungen zwingen muss, dann entsteht zwangsläufig kein gutes Gefühl und entsprechend hoch ist die Abbruchrate, denn man kann sein Hirn nicht über längere Zeit zu etwas zwingen, was man nicht mag. Das Gehirn ist  kein Muskel, der sich trainieren und erst recht keine Maschine, die sich tunen lässt.
  • Freundschaften pflegen, sich austauschen und spazieren gehen.
  • Soziales Engagement und persönliche Weiterbildung. Auch Enkel können einen wichtigen Beitrag zur geistigen und körperlichen Fitness ihrer Großeltern leisten, denn in einer Studie wurden bei Frauen im Alter von 57 bis 68 Jahren festgestellt, dass regelmäßiges Hüten der Enkel chronischen Erkrankungen wie Demenz und Alzheimer vorbeugen kann. Auch bietet die Beschäftigung mit Enkeln die Möglichkeit, immer wieder Neues zu tun, gemeinsam zu singen und Spiele zu spielen. Das alles sorgt für eine mentale Auslastung, die einem möglichem Verschleiß des Gedächtnisses entgegenwirken kann.

Ein praktischer Tipp aus www.bz-berlin.de zum Merken von Namen: Legen Sie sich z. B. einen Geburtstagskalender im Kopf an: Merken Sie sich das Geburtsdatum einer beliebigen Person. Ab und zu fügen Sie eine weitere Person mit ihrer entsprechenden Zahl hinzu. Prüfen Sie regelmäßig, ob Sie sich die Zahlen korrekt gemerkt haben und ob Sie sie den richtigen Personen zuordnen können. Funktioniert übrigens auch mit Telefonnummern! Und so lernen Sie Namen und Nummern spielend:

  • Wenn Ihnen jemand vorgestellt wird, versuchen Sie seinen Namen so bald wie möglich selbst auszusprechen.
  • Stellen Sie sich vor, der Name Ihres Gegenübers stehe ihm auf die Stirn geschrieben (Geheimtipp des amerikanischen Präsidenten Roosevelt).
  • Verknüpfen Sie einen Namen mit einer berühmten Person (z. B. einen Udo mit Udo Lindenberg samt Hut).
  • Reimen ist eine ziemlich sichere Methode (z. B. Marie ruft Kikeriki).
  • Teilen Sie Telefonnummern in Gruppen aus zwei Ziffern auf. Vier Nummern behalten Sie besser als acht (z. B. 74 99 35 80 statt 74993580).

Übrigens: Die eigene Einstellung zum Vergessen hat auf lange Sicht Einfluss auf die Gedächtnisleistung und Merkfähigkeit, denn wer sich etwa vor dem Altsein fürchtet und damit Stillstand, nachlassende Fähigkeiten oder Langeweile verbindet, der hat mit zunehmendem Alter tatsächlich oft mehr Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder sich Neues zu merken. Deshalb lohnt es sich, negative Vorstellungen vom Älterwerden zu überdenken und allmählich zu verändern, wobei es mit den geeigneten Methoden möglich ist, solche scheinbar automatischen Zuschreibungen nach und nach zu verändern, und die negativen Gedanken zum Älterwerden und Vergessen durch positivere Bilder zu ersetzen. Schließlich ist es normal, dass das Gedächtnis im Alter nachlässt, doch es ist entscheidend, wie man darüber denkt!


Literatur

Goyal, Manu S., Blazey, Tyler M., Su, Yi, Couture, Lars E., Durbin, Tony J., Bateman, Randall J., Benzinger, Tammie L.-S., Morris, John C., Raichle, Marcus E., Vlassenko, Andrei G. (2019). Persistent metabolic youth in the aging female brain. Proceedings of the National Academy of Sciences, doi:10.1073/pnas.1815917116.
Michael Sengpiel, Doreen Struve, Diana Dittberner, Hartmut Wandke (Berlin): Entwicklung von Trainingsprogrammen für ältere Benutzer von IT-Systemen unter Berücksichtigung des Computerwissens. Wirtschaftspsychologie 3/2008, Schwerpunkt: „Alter und Arbeit“. Gastherausgeber: Jürgen Wegge, Ekkehart Frieling, Klaus-Helmut Schmidt.
Wåhlin, Anders & Nyberg, Lars (2019). At the Heart of Cognitive Functioning in Aging. Trends in Cognitive Sciences, 23, doi:10.1016/j.tics.2019.06.004.
OÖnachrichten vom 08.10.2008
http://www.lexisnexis.de/aktuelles/soziales/151770/macht-das-alter-vergesslich (08-12-012)
http://www.bz-berlin.de/archiv/das-kopf-training-article378730.html (09-02-25)
https://www.aponet.de/aktuelles/kurioses/20181009-gehirn-funktioniert-im-herbst-besonders-gut.html (18-10-10)


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5 Gedanken zu „Das Gedächtnis im Alter“

  1. Vielen Dank für diesen interessanten Artikel und besonders auch die Tipps für ein besseres Gedächtnis. Leider ist die Wahrheit, dass die Generation 50plus häufig unter solchen Problemen leidet. Aber auch solche Schwierigkeiten muss man nehmen wie sie kommen und sie irgendwie umschiffen.

  2. Your blog likes a mini encyclopedia. Reading your article is just like attending a special lecture after my school. Really helpful, thank you.

  3. Servus,
    finde diesen Blog wirklich sehr toll und sehr interessant, ich finde es beruhigend zu wissen, daß man auch im Alter noch geistig sehr aktiv sein kann, der Nachteil ist natürlich, daß wenn man geistig noch sehr aktiv ist, daß das Sterben vielleicht schwerer fällt, da man noch alles ganz bewußt wahrnimmt, wichtig ist dadurch natürlich, daß man auch körperlich fit und gesund bleibt, weiterhin viel Erfolg, hab mir die Seite schon zu meinen Favouriten hinzugefügt,
    schöne Grüße
    Charly

  4. In einer Langzeitstudie haben Wissenschaftler der University of Virginia gezeigt, dass die kognitive Leistungsfähigkeit bereits im Alter zwischen 20 und 30 Jahren in bestimmten Bereichen nachlässt. .Das abstrakte Denken und räumliches Vorstellungsvermögen verschlechtert sich bereits vor dem 30. Lebensjahr. Es zeigte sich, dass schon bei Menschen vor dem 30. Lebensjahr das Denkvermögen nachlässt, um kniffelige Aufgaben zu lösen und wiederkehrende Muster zu erkennen. Je älter man ist, um so länger benötigt der Mensch für die Lösung.Das Gedächtnis an sich lässt allerdings erst mit knapp 40 Jahren langsam nach. Dafür bleibt die Fähigkeit, neues Wissen zu erwerben und zu sammeln, bis in die sechste Lebensdekade hinein erhalten. Demnach verringert sich der Wissens- und Erfahrungsschatz bis in hohe Alter nicht und kann sogar noch ausgebaut werden, während die geistige Flexibilität relativ früh schwindet.

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