Das Erlernen einer zweiten Sprache im Erwachsenenalter ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die neuroplastische Veränderungen im menschlichen Gehirn hervorruft, wobei bisher unklar war, wie sich das strukturelle Sprachkonnektom und seine Subnetzwerke während des Fremdsprachenerwerbs bei Erwachsenen verändern. Wei et al. (2024) untersuchten nun die longitudinalen Veränderungen in den Sprachnetzwerken der weißen Substanz in jeder Hemisphäre sowie deren Konnektivität bei einer großen Gruppe arabischsprachiger Erwachsener, die sechs Monate lang intensiv Deutsch lernten. Es zeigte sich eine signifikante Zunahme der Konnektivität der weißen Substanz innerhalb der bilateralen temporal-parietalen semantischen und phonologischen Subnetzwerke und der rechten temporal-frontalen Bahnen, insbesondere in der zweiten Hälfte des Lernzeitraums. Gleichzeitig verringerte sich die Konnektivität zwischen den beiden Hemisphären signifikant, wobei entscheidend ist, dass diese Veränderungen in der Konnektivität mit der Leistung in der neuen Sprache zusammenhängen. Diese Abnahme deutet darauf hin, dass während des Zweitspracherwerbs die sprachdominante linke Hemisphäre weniger Kontrolle über die rechte Hemisphäre ausübt, wodurch Ressourcen in der rechten Hemisphäre frei werden, um die neue Sprache zu integrieren. Das erwachsene Gehirn scheint sich an neue kognitive Anforderungen anzupassen, indem es die strukturelle Konnektivität innerhalb und zwischen den Hemisphären moduliert.
Die beobachteten Veränderungen in den Subnetzwerken der beiden Hemisphären deuten auf eine Rekonfiguration des Netzwerks durch lexikalisches Lernen hin, während die reduzierte interhemisphärische Konnektivität auf eine Schlüsselrolle des Corpus callosum beim Zweitspracherwerb hinweisen könnte, indem sie die Hemmung der sprachdominanten linken Hemisphäre reduziert.
Literatur
Wei, Xuehu, Gunter, Thomas C., Adamson, Helyne, Schwendemann, Matthias, Friederici, Angela D., Goucha, Tomás & Anwander, Alfred (2024). Plasticity of white matter during second language learning within and across hemispheres. Proceedings of the National Academy of Sciences, 121, doi:10.1073/pnas.2306286121.
https://www.mpg.de/21335470/0108-nepf-erlernen-einer-zweitsprache-veraendert-gehirnverbindungen-149575-x (24-01-10)
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