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Wenn Hunde den Kopf zur Seite neigen

    Hunde neigen ihren Kopf zur Seite, ein Verhalten, das viele als niedlich wahrnehmen, aber in Wahrheit weit mehr über die kognitiven Fähigkeiten und die Kommunikation von Hunden aussagen kann. Forschungen zeigen, dass bei der Verarbeitung menschlicher Sprache unterschiedliche Bereiche im Hundehirn aktiviert werden. In einer Studie fanden Andics et al. (2014) heraus, dass Hunde bedeutungstragende Wörter überwiegend in der linken Hirnhälfte verarbeiten, während emotionale Sprachanteile stärker in der rechten Hirnhälfte verarbeitet werden. Das legt nahe, dass Hunde Sprache nicht nur hören, sondern auch differenziert analysieren können – ähnlich wie Menschen.

    Besonders aufschlussreich ist eine Studie von Magyar et al. (2021), die sich mit dem Phänomen des Kopfneigens bei Hunden beschäftigt. Man untersuchte 40 Hunde, von denen einige lernten, Spielzeuge anhand ihrer Namen zu erkennen. Diese besonders sprachbegabten Hunde, die als „Gifted Word Learners“ (GWL) bezeichnet wurden, legten auffällig häufig den Kopf schief, wenn sie ein bekanntes Wort hörten – und zwar in etwa 43?% der Fälle. Hunde, die durchschnittlich begabt waren, zeigten dieses Verhalten nur in rund 2?% der Fälle. Die Forscher schlossen daraus, dass das Kopfneigen eine kognitive Funktion erfüllt: Es scheint eine Reaktion auf das Erkennen und mentale Verknüpfen von Wörtern mit inneren Bildern oder Erinnerungen zu sein – beispielsweise an ein bestimmtes Spielzeug.

    Darüber hinaus vermuter man auch eine soziale Komponente, d. h., das Neigen des Kopfes könnte sich im Laufe der Domestikation zu einem Signal der Aufmerksamkeit entwickelt haben. Hunde kommunizieren damit möglicherweise nonverbal, dass sie zuhören – was erklären könnte, warum Menschen diese Geste als besonders freundlich, aufmerksam und sympathisch empfinden. Es handelt sich also nicht um einen bloß instinktiven Reflex, sondern möglicherweise um ein bewusst eingesetztes soziales Signal. Die oft vertretene Meinung, dass Hunde ihren Kopf neigen, um besser hören zu können, wurde durch diese Studie nicht gestützt, denn die Richtung der Kopfneigung blieb nämlich konstant – unabhängig davon, wo sich der Mensch beim Sprechen befand. Dies spricht gegen eine akustische Lokalisierung und stärkt die These, dass es sich um ein Zeichen kognitiver Verarbeitung handelt .

    Ob Hunde, die häufiger den Kopf neigen, deshalb auch intelligenter sind, bleibt offen. Die Studien sprechen eher für eine besondere Begabung im sprachlichen Bereich. So wie manche Menschen besonders musikalisch oder sprachlich talentiert sind, scheinen auch manche Hunde über ein spezifisches Talent zur Worterkennung zu verfügen. Dennoch zeigen auch durchschnittlich begabte Hunde das Kopfneigen – wenn auch in anderen Kontexten. Etwa dann, wenn ein besonders relevantes Wort fällt wie „Gassi“, „Auto fahren“ oder „Leckerli“. In diesen Momenten scheint der Hund aktiv zuzuhören, zu überlegen oder auf eine Reaktion seines Menschen zu warten.

    Literatur

    Andics, A., Gábor, A., Gácsi, M., Faragó, T., Szabó, D., & Miklósi, Á. (2014). Voice-sensitive regions in the dog and human brain are revealed by comparative fMRI. Current Biology, 24(5), 574–578.

    Magyar, A., Gergely, A., Turcsán, B., & Miklósi, Á. (2021). Comprehension of human referential signals in the dog (Canis familiaris): Head-tilting in response to verbal object labels. Animal Cognition, 24, 19–29.


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