Die Entwicklung neuartiger Informationsverarbeitungs- und Rechenarchitekturen, die nach den Prinzipien des Gehirns arbeiten, basiert auf dem Bestreben, die Effizienz, Anpassungsfähigkeit und Energieeffizienz künstlicher Systeme zu verbessern. Herkömmliche Computersysteme sind mit ihrer festgelegten Programmarchitektur für exakte Berechnungen ausgelegt, d. h., traditionelle von-Neumann-Architekturen stoßen zunehmend an ihre Grenzen, insbesondere in Bezug auf parallele Verarbeitung, Energieverbrauch und die Bewältigung komplexer Aufgaben wie Mustererkennung oder Entscheidungsfindung (Indiveri & Liu, 2015). Das Gehirn hingegen nutzt eine hochgradig parallele Struktur, die es ermöglicht, Informationen effizient und robust zu verarbeiten. Vor allem unvollständige oder „verrauschte“ Datensätze lassen sich damit jedoch nur schwer verarbeiten. Moderne Methoden der Künstlichen Intelligenz bieten inzwischen Alternativen, leiden allerdings unter ihrem enormen Bedarf an Rechenleistung und damit ihrem hohen Energieverbrauch ebenso wie an dem hohen Datenbedarf für das Training. Neuroinspirierte oder neuromorphe Rechensysteme mit der Verbindung von Neurowissenschaften und Mikroelektronik sollen helfen, diese Grenzen der klassischen KI-Technologie zu überwinden.
Ein zentraler Ansatz in diesem Bereich ist daher das neuromorphe Computing, das Hardware- und Softwarestrukturen entwickelt, die neuronalen Netzwerken nachempfunden sind. Neuromorphe Chips, wie sie von Unternehmen wie IBM und Intel entwickelt wurden, können große Datenmengen effizient verarbeiten und erfordern im Vergleich zu herkömmlichen Prozessoren weniger Energie (Schuman et al., 2017). Darüber hinaus fördern solche Architekturen das Lernen und die Anpassung an neue Aufgaben, ähnlich wie biologische Gehirne durch Synapsenplastizität Informationen speichern und verarbeiten.
Ein weiteres wichtiges Forschungsgebiet ist das Quantencomputing, das zwar nicht direkt nach den Prinzipien des Gehirns funktioniert, aber ähnliche Ziele verfolgt: Eine exponentielle Steigerung der Rechenleistung durch nichtlineare und probabilistische Berechnungsmechanismen (Preskill, 2018). Quantencomputer nutzen Überlagerung und Verschränkung, um parallele Berechnungen durchzuführen, ähnlich wie das Gehirn viele Signale gleichzeitig verarbeitet.
Die Nachahmung des Gehirns in künstlichen Systemen könnte auch erhebliche Fortschritte in der künstlichen Intelligenz ermöglichen. Deep Learning und neuronale Netzwerke haben bereits große Erfolge erzielt, sind jedoch durch ihre hohen Rechenkosten und den Bedarf an großen Datenmengen limitiert. Biologisch inspirierte Architekturen könnten diesen Herausforderungen begegnen, indem sie effizientere Algorithmen zur Informationsverarbeitung bereitstellen (Markram, 2012).
Die Forschung zu biologisch inspirierten Rechenarchitekturen ist entscheidend für die nächste Generation intelligenter Systeme. Sie bietet das Potenzial für energieeffizientere, schnellere und anpassungsfähigere Computer, die den Anforderungen moderner KI- und Datenverarbeitungsaufgaben gerecht werden. Daher wird weiterhin intensiv an der Entwicklung und Optimierung dieser Technologien gearbeitet.
Literatur
Indiveri, G. & Liu, S. C. (2015). Memory and information processing in neuromorphic systems. Proceedings of the IEEE, 103, 1379-1397.
Markram, H. (2012). The human brain project. Scientific American, 306, 50-55.
Preskill, J. (2018). Quantum computing in the NISQ era and beyond. Quantum, 2, 79.
Schuman, C. D., Potok, T. E., Patton, R. M., Birdwell, J. D., Dean, M. E., Rose, G. S. & Plank, J. S. (2017). A survey of neuromorphic computing and neural networks in hardware. arXiv preprint arXiv:1705.06963.
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