Es wird oft angenommen, dass Schimpfwörter über einen Klang verfügen, der sie besonders geeignet macht, um Emotionen und Einstellungen auszudrücken. Bisher gab es jedoch keine systematische sprachübergreifende Untersuchung der phonetischen Muster von Schimpfwörtern. In einer ersten Pilotstudie untersuchten Lev-Ari & McKay (2022) statistische Regelmäßigkeiten in den Lauten von Schimpfwörtern in einer Reihe von typologisch weit voneinander entfernten Sprachen. Der beste Kandidat für ein sprachübergreifendes phonemisches Muster im Schimpfwort war das Fehlen von Approximanten – also sonore Laute wie l, r, w und y. In der ersten Studie beurteilten Muttersprachler verschiedener Sprachen wie Arabisch, Chinesisch, Finnisch, Französisch, Deutsch und Spanisch Fremdwörter als weniger wahrscheinlich als Schimpfwörter, wenn sie einen Approximanten enthielten. Aus dem Deutschen nahm man etwa das Wort „Baum“ und wandelte es zu den Fantasiewörtern „Laum“ und „Tsaum“ ab. Die Teilnehmer hörten sich diese Pseudowortpaare an und mussten erraten, welches Mitglied jedes Paares ein Schimpfwort war. Ist nämlich die Approximanten-Theorie korrekt, dann müssten die Probanden im obigen Beispiel das Wort „Tsaum“ als Schimpfwort und „Laum“ als harmlos einordnen, da es den Approximanten „l“ enthält. In der zweiten Studie fand man heraus, dass entschärfte Versionen von englischen Schimpfwörtern – wie z. B. „darn“ statt „damn“ – deutlich mehr Approximanten enthalten als die ursprünglichen Schimpfwörter.
Diese Ergebnisse zeigen, dass nicht alle Laute gleichermaßen für Schimpfwörter geeignet sind, und sie belegen, dass die Lautsymbolik – bei der bestimmte Laute mit bestimmten Bedeutungen assoziiert werden – weiter verbreitet ist als bisher angenommen und über die Bezeichnung einzelner Begriffe hinausgeht und pragmatische Funktionen erfüllt. Schimpfwörter klingen demnach daher international ähnlicher als bislang angenommen.
Literatur
Lev-Ari, Shiri & McKay, Ryan (2022). The sound of swearing: Are there universal patterns in profanity? Psychonomic Bulletin & Review, doi:10.3758/s13423-022-02202-0.
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