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Was ist Gegenwart?

Ist Gegenwart der ausdehnungslose Schnitt zwischen dem Kommenden und dem Gewesenen? Oder ist Gegenwart ein Zeitraum des Erlebens, in dem sich Erwartungen oder Erinnerungen spiegeln? Wenn Gegenwart eine Bedeutung hat, dann kann nicht beides richtig sein.
Haben wir überhaupt ein unmittelbares Gefühl von Zeitrichtung, oder ist dies nicht vielmehr eine mentale Rekonstruktion, der unmittelbaren Anschauung eher fremd? Hängt die Erfahrung von gerichteter Zeit mit physikalischen Gesetzen zusammen, wie etwa dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, oder ergibt sich der Eindruck gerichteter Zeit aus der Weise unserer Welterfahrung?
Fließt die Zeit denn wirklich kontinuierlich? Könnte es nicht auch sein, dass selbst innerhalb eines physikalischen Bezugssystems Zeit ihr Tempo gelegentlich wechselt? Dass wir dies nicht annehmen, kennzeichnet unseren tiefen Glauben an die Gültigkeit physikalischer Gesetze. drei Sekunden als subjektive Gegenwart zu deuten, da was immer in einem solchen Intervall geschieht, dieses Geschehen von dem Eindruck anschaulicher Gegenwärtigkeit begleitet wird.
Ein wesentlicher Befund hierbei ist, dass der mentale Inhalt, wieviel wir also erleben, die Dauer vorbeigegangener Zeit bestimmt. Wird in einem Drei-Sekunden-Fenster viel verarbeitet, dann wird im Rückblick die Zeit als lang beurteilt. Wird hingegen wenig verarbeitet, dann erscheint die vorbeigegangene Zeit im Rückblick kurz.
Was jeweils auf einer zeitlich begrenzten Arbeitsplattform repräsentiert wird, ist üblicherweise nicht unabhängig von den vorhergegangenen Repräsentationen, d. h. aufeinander folgende Segmente enthalten voneinander abhängige Inhalte. Zwischen diesen repräsentierten Inhalten kommt es zu einer Verbindung, zu einer semantischen Vernetzung. Entscheidend für menschliche Bewusstseinstätigkeit sind die Inhalte des Erlebens, nicht die formale, in diesem Fall die zeitliche Struktur seiner Repräsentation. Der subjektive Eindruck einer zeitlichen Kontinuität ist also eine Illusion bedingt durch die gedankliche Verknüpfung des jeweils auf verschiedenen Arbeitsplattformen Repräsentierten. Unser Erleben ist eigentlich zeitlich fragmentiert.
Pöppel


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