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Warum Menschen Prozessionen veranstalten

Prozessionen werden aus verschiedenen Gründen veranstaltet. Ein häufiger Grund ist die Feier religiöser Feste oder Rituale, bei denen Gläubige gemeinsam durch die Straßen ziehen und ihre Glaubensbekundungen zum Ausdruck bringen. Prozessionen können auch zu politischen oder kulturellen Anlässen veranstaltet werden, um Solidarität oder Unterstützung für bestimmte Themen oder Ideen zu zeigen. Ein weiterer Grund für Prozessionen ist das Feiern von Triumphen oder Erfolgen, wie z.B. ein Sieg in einem Krieg oder ein gewonnener Wettbewerb. Menschen marschieren, paradieren und demonstrieren dabei also für ihren Glauben, ihre Meinungen, Haltungen und Wünsche, finden sich in Mengen, als Scharen und in Prozessionen zusammen, ihre Körper formieren sie dabei zu einem einzigen, dem Körper der Masse. Im antiken Griechenland zeigt sich der staatstragende, vergemeinschaftende Sinn unterschiedlicher Prozessionen, aber auch beim Panathenäenfestzug, wobei Ptolemäus II. mit der Großen Prozession in Alexandria um 274 v. Chr. die Messlatte für Umzugsprotz und -pomp so hoch legte, dass erst die ausgefeilten römischen Triumphzüge an dieses Vorbild herankamen. Wie Rom das griechische Umzugserbe aufgreift, variiert, umformt, wird später das Christentum nach anfänglicher Verteufelung der Umzugstradition zur eifrigen Prozessionsreligion. Später wurde Venedig zur Stadt der Prozessionen inklusive Karnevalsumzügen. Ob mittelalterliche Herrschereinzüge, die neuartigen Feste der Französischen Revolution, die politischen Feste im vornationalen Deutschland, erst die Masse gibt ihnen Gewicht, so wie umgekehrt die Masse durch sie formiert wird, und das zu gänzlich verschiedenen Zwecken. In der Weimarer Republik wird gemeinsames Gehen endgültig zur Demonstration, unter Hitler zum strikt regulierten säkularen Kult, 1968 wie später bei Pegida zum Angriff aufs verhasste System, 1989 zur friedlichen Revolution. Nach Göttert (2023) gibt es bei Prozessionen etwas Überzeitliches, eine Universalie des gemeinschaftlichen Gehens, wobei Überzeugung, Wahrheit immer auch etwas mit der Zahl derer zu tun hat, die sie vorbringen oder vertreten.

Literatur

Göttert, Karl-Heinz (2023). Massen in Bewegung: Über Menschenzüge. Die Andere Bibliothek.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/karl-heinz-goettert-massen-in-bewegung-ueber-menschenzuege-100.html (23-01-24)


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