Nach interferenzbasierten Gedächtnistheorien, einschließlich der Theorie der zeitlichen Unterscheidbarkeit, sollten sich sowohl die Ruhezeiten vor als auch nach dem Studium positiv auf die Gedächtnisleistung auswirken. Insbesondere sollte eine höhere zeitliche Isolierung eines Lernstoffs die proaktive oder retroaktive Interferenz verringern und somit zu einem besseren späteren Abruf führen.
In der vorliegenden Studie untersuchten Ecker et al. (2015) die Auswirkungen von Ruhephasen vor und nach dem Studium in einem freien Abrufparadigma, bei dem die Teilnehmer drei Wortlisten untersuchten, die entweder durch eine kurze oder eine lange Periode geringer mentaler Aktivität getrennt waren. Diese Liste wurde in einer von vier Bedingungen untersucht, die durch die vollständig gekreuzten Faktoren der Dauer der Ruhe vor und nach der Studie definiert wurden. In zwei Experimenten zeigte sich ein positiver Effekt der Ruhezeit vor dem Studium und in geringerem Maße auch der Ruhezeit nach dem Studium auf den Abruf der Liste. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit interferenzbasierten Theorien zum Gedächtnis. Im Gegensatz dazu wird ein positiver Effekt der Vorstudienpause nicht von Konsolidierungskonzepten des Gedächtnisses und des Vergessens vorhergesagt, sodass diese Ergebnisse zusätzliche Annahmen und/oder eine bessere Spezifikation des Konsolidierungsprozesses und seines zeitlichen Verlaufs erfordern, um mit der Konsolidierungstheorie in Einklang gebracht zu werden.
Literatur
Ecker, Ullrich K. H., Tay, Jia-Xin & Brown, Gordon D. A. (2015). Effects of prestudy and poststudy rest on memory: Support for temporal interference accounts of forgetting. Psychonomic Bulletin & Review, 22, 772-778.
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