Zum Inhalt springen

Verändert die Geburt eines Kindes langfristig die Persönlichkeit der Eltern?

In Übereinstimmung mit dem Prinzip der sozialen Investition sollte die Elternschaft zu einem reiferen Verhalten und einer Zunahme von Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit und emotionaler Stabilität bei den Eltern führen, doch haben frühere Untersuchungen auch Ergebnisse geliefert, die diese Annahme nicht unterstützen. Asselmann & Specht (2020) haben anhand der Daten einer national repräsentativen Haushaltspanelstudie aus Deutschland untersucht, ob Elternschaft in irgendeiner Form mit der Persönlichkeitsreifung zusammenhängt. In diesen Daten wurde jährlich erfasst, ob ein Kind geboren wurde, die Persönlichkeitsmerkmale der Big Five wurden in vier Wellen von 2005 bis 2017 erhoben. Mit Hilfe einer Mehrebenenanalyse wurde untersucht, ob sich dabei die Persönlichkeit von Menschen, die Eltern werden oder nicht werden, unterscheidet, bzw. ob sich die Persönlichkeit vor und nach der Elternschaft unterscheidet und ob diese Effekte nach Geschlecht, Alter und Lebensstand variieren.

Insgesamt zeigte sich, dass weniger offene und extravertierte Menschen eher eine Familie gründen, wobei Offenheit und Extravertiertheit nach dem Übergang zur Elternschaft abnahmen. Das liegt wohl daran, dass Eltern nicht mehr so viel Zeit dafür aufwenden, sich mit neuen Dingen zu beschäftigen oder Freunde zu treffen. Wer allerdings vorher wenig gewissenhaft war blieb es also auch, was auch für die Merkmale Verträglichkeit und Neurotizismus gilt. Bei der Differenzierung nach Altersgruppen zeigte sich, dass junge Eltern bis 23 Jahr im ersten Jahr der Elternschaft tatsächlich deutlich gewissenhafter wurden als zuvor, während Eltern zwischen 24 und 35 Jahren die Veränderung weniger einschneidend war, und Eltern ab 36 Jahre hingegen waren im ersten Jahr nach der Geburt weniger gewissenhaft, dafür aber emotional stabiler als zuvor. Männer wurden im Vergleich zu Frauen durch die Elternschaft weniger offen, extravertiert und umgänglich, dafür jedoch emotional stabiler. Mütter verbringen offenbar im Durchschnitt viel Zeit mit ihrem Kind zu Hause, begegnen ihm auf einfühlsame und warmherzige Weise und verhalten sich daher generell einfühlender. Im Gegensatz dazu können Väter sich womöglich verantwortlich fühlen für den Lebensunterhalt ihrer Familie aufzukommen, härter zu arbeiten und zuverlässiger zu agieren, um Familie und Karriere gleichzeitig zu bewältigen. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sich die Persönlichkeitsmerkmale der Big Five vor und während des Übergangs zur Elternschaft unterscheiden.

Literatur

Asselmann, Eva & Specht, Jule (2020). Testing the Social Investment Principle Around Childbirth: Little Evidence for Personality Maturation Before and After Becoming a Parent. European Journal of Personality, doi: 10.1002/per.2269.


Nachricht ::: Stangls Bemerkungen ::: Stangls Notizen ::: Impressum
Datenschutzerklärung ::: © Werner Stangl :::