Ein Schlaganfall kann die sprachlichen Fähigkeiten stark beeinträchtigen, doch das Gehirn zeigt erstaunliche Anpassungsfähigkeiten. Besonders nach einer Behandlung, wie etwa einer Sprachtherapie, kommt es zu einer Umstrukturierung des Gehirns, bei der andere Areale des Gehirns übernehmen und die Sprachfunktionen wiederherstellen. Die Leipziger Studie, die 51 Probanden, darunter 34 Schlaganfallpatienten und 17 gesunde Kontrollpersonen, untersuchte, beleuchtet erstmals die interaktive Zusammenarbeit zwischen den für die Sprache zuständigen Hirnregionen. Die Untersuchung wurde in drei Phasen durchgeführt: direkt nach dem Schlaganfall, zwei Wochen später und nach einem halben Jahr. Besonders bemerkenswert war die Untersuchung der Interaktionen zwischen den verschiedenen Hirnarealen, die mit Sprache in Verbindung stehen. Laut Gesa Hartwigsen, einer der Hauptautorinnen der Studie, bildeten diese Areale ein funktionelles Netzwerk, dessen genaue Funktionsweise während der Spracherholung bisher noch unklar war (Hartwigsen et al., 2025).
Die Forscher identifizierten drei Prinzipien, die für die Erholung der Sprache von zentraler Bedeutung sind. Erstens zeigte sich, dass sprachspezifische Netzwerkareale der linken Gehirnhälfte, die durch den Schlaganfall geschädigt wurden, sehr schnell Unterstützung von anderen, domänen-allgemeinen Arealen erhalten. Diese Areale, die in beiden Gehirnhälften vorkommen, übernehmen kognitive Stützfunktionen. Zweitens springt die rechte Gehirnhälfte ein, insbesondere die spiegelbildlich angelegten Bereiche, die normalerweise weniger in der Sprachverarbeitung involviert sind. Dies führt zu einer verstärkten Aktivität in diesen Regionen, die dabei helfen, die Sprachfunktionen wiederherzustellen. Drittens zeigte sich, dass sich bei der Spracherholung auch die Kommunikation zwischen den Spracharealen in der linken Gehirnhälfte intensiviert, was zu einer weiteren Verbesserung der Sprachfähigkeiten beiträgt.
Die Untersuchung machte deutlich, dass die Erholung der Sprache von der Lokalisation des Schlaganfalls abhängt. Durch den Einsatz funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) konnten die Forscher feststellen, welche Gehirnregionen während sprachlicher Aufgaben aktiv sind und wie diese sich im Verlauf der Heilung verändern. In der akuten Phase zeigte sich eine verstärkte Aktivierung der rechten Gehirnhälfte, während später auch die Kommunikation zwischen den linken Spracharealen intensiver wurde.
Diese Erkenntnisse sind von großer Bedeutung für die Entwicklung individueller Therapieansätze, denn die gezielte Neurostimulation in der Sprachtherapie könnte dazu beitragen, die Umstrukturierung des Gehirns zu fördern und die Spracherholung zu beschleunigen. Die Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen den Spracharealen und anderen funktionellen Netzwerken im Gehirn zeigt, dass das Gehirn in der Lage ist, sich dynamisch umzustrukturieren, um verlorene Sprachfunktionen wiederherzustellen.
Literatur
Jiang, Z., Kuhnke, P., Stockert, A., Wawrzyniak, M., Halai, A., Saur, D., & Hartwigsen, G. (2025). Dynamic reorganization of task-related network interactions in post-stroke aphasia recovery. Brain, doi:10.1093/brain/awaf036
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