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Sind Triggerwarnungen eher kontraproduktiv?

Triggerwarnungen sollen empfindliche Personen vor belastenden Inhalten schützen, d.h. sie sind Warnungen vor bevorstehenden Inhalten, die Themen enthalten können, die mit früheren negativen Erfahrungen in Zusammenhang stehen. Triggerwarnungen werden seit einiger Zeit häufig vor Literatur, Filmen, Theaterstücken und anderen Inhalten platziert, vor denen empfindliche Personen angeblich geschützt werden müssen, darunter sogar Werke von Shakespeare.
Befürworter argumentieren, dass Warnhinweise den Menschen helfen, sich emotional auf belastende Inhalte vorzubereiten oder sie ganz zu vermeiden, während Kritiker argumentieren, dass Warnhinweise zu einer Vermeidungskultur beitragen, die im Widerspruch zu evidenzbasierten Behandlungsmethoden steht, und dass sie Angst vor zukünftigen Inhalten schüren.

In jüngster Zeit hat eine Reihe von psychologischen Studien begonnen, diese Behauptungen empirisch zu untersuchen. Bridgland, Jones & Bellet (2023) führten eine Metaanalyse aller empirischen Studien zu den Auswirkungen von Warnhinweisen durch und stellten fest, dass Warnhinweise keinen Einfluss auf die affektiven Reaktionen auf negative Inhalte oder auf die Lernergebnisse hatten. Die Warnungen verstärkten jedoch zuverlässig den antizipatorischen Affekt.

Die Ergebnisse zur Vermeidung waren also uneinheitlich, was darauf hindeutet, dass Warnungen entweder keinen Einfluss auf die Beschäftigung mit dem Material haben oder unter bestimmten Umständen die Beschäftigung mit negativem Material verstärken, d.h. Warnungen wirken nicht so, wie sie sollen, sondern sind bestenfalls wirkungslos, schlimmstenfalls kontraproduktiv. Die Ankündigung, dass etwas Schlimmes bevorstehe, wirke wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, die aber verpufft, sobald das vermeintlich schreckliche Material betrachtet werden kann, so dass Warnungen nicht geeignet sind, emotionalen Stress abzufedern, schreiben die Psychologen. Zudem können Triggerwarnungen die Attraktivität von Inhalten eher erhöhen, denn wenn Menschen die Wahl zwischen Inhalten mit und ohne Warnung haben, entscheiden sie sich bevorzugt für die als fragwürdig oder gefährlich bezeichneten Inhalte (Pandora-Effekt), die gerade bei besonders gefährdeten Personen am stärksten wirken.

Literatur

Bridgland, Victoria M. E., Jones, Payton J. & Bellet, Benjamin W. (2023). A Meta-Analysis of the Efficacy of Trigger Warnings, Content Warnings, and Content Notes. Clinical Psychological Science, doi: 10.1177/21677026231186625.


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