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Sieben Fragen zum Thema Stress

1. Brauchen wir tatsächlich Stress?
2. Falls 1. mit Ja beantwortet wird: Wofür ist das gut?

Das hängt davon ab, was man unter Stress versteht. Was im Alltag als Stress bezeichnet wird, hat wenig mit dem wissenschaftlichen Begriff zu tun, sondern bedeutet nur, dass man viel zu tun hat oder dass man glaubt, überfordert zu sein. Manchmal ist die Behauptung, Stress zu haben, schlicht eine Attitüde, weil es Signalwirkung nach außen hat und einem Aufmerksamkeit und manchmal auch Wichtigkeit verleiht. Diesen Stress brauchen manche Menschen daher vielleicht wirklich, um ihr Selbstbild als wichtige Person aufrecht zu erhalten.

Im Grunde ist die echte Stressreaktion eine Notfallreaktion auf belastende Situationen, die einer ganz bestimmten Abfolge gehorcht:
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/STRESS/Stresstheorien.shtml

Diese echte Form des Stress geht immer mit einer gewissen physischen und psychischen Belastung einher und kann im Falle von zu großer Häufigkeit (Dauerstress) tatsächlich gesundheitliche Folgen zeitigen. Im Grunde ist jeder gesunde Mensch aber in der Lage, mit Stress in einem normalen Ausmaß umzugehen, wobei hier die Problematik mehr darin liegt, nach der Stresssituation die physiologischen Begleiterscheinungen (Hormonausschüttungen) wieder auf einen normalen Level zurückzubringen. Ein gewisses Ausmaß an Stresserleben scheint aber auch lebensnotwendig zu sein.
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/STRESS/

3. Wie kann man guten und schlechten Stress unterscheiden?

Die Unterscheidung zwischen positivem Eustress und negativem Distress geht auf Selye zurück, doch heute betrachtet man Stress eher ambivalent, d. h., als negativen und unangenehm empfundenen Spannungszustand, dessen Folgen auch positiver Art sein können, etwa zur Erhöhung der Handlungskompetenz bei der Bewältigung von Aufgaben oder der allmählichen Erhöhung der Frustrationstoleranz eines Menschen.
https://lexikon.stangl.eu/4136/eustress/
https://lexikon.stangl.eu/4138/distress/

4. Wie weiß ich als Einzelne/r, dass ich zu viel ungünstigen Stress habe?
5. Gibt es nicht auch individuelle Grenzen?

Es lässt sich für den Einzelnen schwer unterscheiden, was günstiger und ungünstiger Stress ist, denn hier gibt es keinen objektiven Maßstab. Belastend ist meist auch nicht so sehr die Wirklichkeit, sondern jene Vorstellung, die sich Menschen von ihr machen.
Wenn man einmal gelernt hat, sich und seine körperlichen und psychischen Reaktionen genau zu beobachten, dann kann man meist recht gut einschätzen, ab wann jene Grenze erreicht ist, an der es besser ist, eine Pause zu machen oder etwas im Leben zu verändern.
Zur Feststellung der aktuellen Stressbelastung kann man auch diesen kleinen Test machen:
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/TEST/STRESS/Test.shtml
Dort kann man sich dann auch mit zahlreichen Berufsgruppen vergleichen:
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/TEST/STRESS/Stress-Beruf.shtml

6. Was kann / soll man tun, wenn man zu viel ungünstigen Stress erlebt?

Stresserleben und Stressbelastung sind ein sehr individuelles Phänomen, sodass es schwer ist, generelle Antworten zu geben. Der Anfang muss immer der Versuch sein, die größten Stressoren zu finden und diese dann vielleicht so zu organisieren, dass sie weniger belastend sind. Das wird aber in manchen Situationen unmöglich sein, wenn etwa die Lebenssituation eines Menschen so geartet ist, dass keine grundsätzliche Veränderung möglich ist. Beispiele: berufstätige, alleinerziehende Mutter mit drei Kindern ohne familiäre Unterstützung; schlecht ausgebildeter, männlicher Jugendlicher mit einem Drogenproblem ohne Chance auf einen Arbeitsplatz. In solchen Fällen ist es schwer, die Lebensbedingungen so zu verändern, dass ein stressfreies Leben möglich ist.
Im Übrigen gibt es natürlich Methoden, wie man sein Leben besser organisieren kann bzw. wie man mit Stress umgeht – aber hier geht es eher um Jammern auf hohem Niveau:
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/STRESS/Stress-Leben.shtml
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/STRESS/Stressbewaeltigung.shtml
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/STRESS/Stressbewaeltigung-Uebungen.shtml
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/STRESS/Stressbewaeltigung-Praktische-Uebungen.shtml

7. Sehen Sie Strömungen in der heutigen Lebensform, die eine weitgehend selbstbestimmte Positiv-Stress-betonte Lebensweise verhindern oder zumindest erschweren?

Nach meiner persönlichen Meinung ist der Hauptfaktor, dass heute so viele Menschen über Stress klagen, die Beschleunigung, von der alle Lebenswelten betroffen sind, also auch die Freizeit. Eine gewisse Rolle spielen dabei auch die modernen Medien, die Menschen mit Informationen und Angeboten überhäufen, die sie im günstigsten Fall einfach ausblenden lernen.
Hinzu kommt die individuelle Erwartung – meist geht diese vom Betroffenen selbst aus und weniger von dessen Umwelt -, möglichst viel und das gleichzeitig erledigen zu müssen: das vielzitierte Multitasking, das auf Grund der „Bauweise“ des Menschen ohnehin nicht möglich ist:
http://paedagogik-news.stangl.eu/338/multitasking-eine-illusion
Es gibt im Übrigen ja auch eine bedeutende Lebenshilfe-Industrie, die sich mit diesen Problemen beschäftigt, und unter Umständen durch die Werbung für ihre Dienstleistungen den Menschen zusätzlich suggeriert, permanent unter Stress zu stehen.
Ohne jetzt die „gute alte Zeit“ zu bemühen, aber noch vor fünfzig Jahren gab es viel weniger Instanzen, die einem Menschen gesagt haben, wie er richtig leben soll, die Lebenswelt war daher für ihn insgesamt überschaubarer. Im Zeitalter der möglichen Kommunikation mit der ganzen Welt – Stichwort soziale Medien – entstehen Parallelwelten, in denen sich Menschen neben der realen Welt zurechtfinden müssen bzw. glauben, sich auch zurechtfinden zu sollen.
Aber immerhin kann man auch davon ausgehen, dass es in einigen Generationen den Menschen gelingen wird, mit einer noch größeren Komplexität der Umwelt zurecht zu kommen.

Anmerkung: Diese Fragen bzw. Antworten stammen aus einem Interview mit der Zeitschrift Business People zum Thema „Wie viel Stress brauchen wir?“


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