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Prozessverlauf von Aggressionen bei Kindern und Jugendlichen

*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Stufe 1: Wahrnehmung
Auf dieser Stufe wird entschieden, ob ein Ereignis oder ein Reiz als bedrohlich gilt oder nicht. Dabei unterscheiden sich Kinder z.B. in ihren Wahrnehmungsgewohnheiten. So erleben aggressive Kinder eine bestimmte Situation als sehr viel bedrohlicher als nicht aggressive Kinder. Es erfolgt hier also die Entscheidung: „bedrohlich oder unbedrohlich“.

Stufe 2: Handlungsauswahl
Nachdem ein Ereignis als bedrohlich wahrgenommen wurde, wird jetzt auf dieser Stufe entschieden, wie man darauf reagieren will (=Handlungsimpuls). So kann man auf ein bestimmtes, als bedrohlich wahrgenommenes Ereignis z.B. entweder mit Vermeidung oder aber mit Aggression reagieren. Welche Reaktionsweise man wählt, hängt dabei von eingeschliffenen, eingeübten und fast automatisch ablaufenden Verhaltensweisen (=Gewohnheitsstärke) ab. Im Falle der aggressiven Kinder heißt dies: Je häufiger ein Kind bisher gewohnt war, mit Aggression zu reagieren, desto wahrscheinlicher wird es sich auch in neuen Situationen aggressiv verhalten. Die Wahl einer bestimmten Reaktionsweise wird von den vorliegenden Wahrnehmungsgewohnheiten geprägt. Auf dieser Stufe fällt also die Entscheidung: „Wie will ich reagieren: aggressiv oder nicht aggressiv?“

Stufe 3: Hemmungspotenziale
Auf dieser Stufe fällt eine eher generelle Entscheidung, ob die vorher ausgewählte Handlung auch ausgeführt werden soll. Diese Entscheidung wird stark von bisherigen Lernerfahrungen und Handlungsimpulsen beeinflusst. Dabei spielen die früher erlebten Konsequenzen eine entscheidende Rolle. Sind z.B. in der Lebensgeschichte die aggressiven Handlungen immer bestraft worden, so kann es sein, dass jetzt der Gedanke an die Ausführung einer solchen Handlung prinzipiell heftige Angst auslöst. Die Handlungsausführung wird gehemmt. Bei dieser Person liegt eine so genannte Aggressionsangst vor. Sind in der Lerngeschichte bisher keine oder nur wenige, schlechte Erfahrungen mit der Ausübung von Aggression verknüpft gewesen oderhat immer der Nutzen von Aggression gegenüber den negativen Konsequenzen überwogen, dann liegen jetzt keine oder nur wenige Hemmungspotenziale für die ausgewählte aggressive Handlung vor und der Handlungsimpuls erreicht die nächste Stufe. Dieser Entscheidung läuft meistens blitzartig ab und wird subjektiv nicht unbedingt als bewusste und geplante Entscheidung empfunden. Bei aggressiven Kindern sind gerade für aggressive Impulse keine Hemmungspotenziale vorhanden, während nicht aggressive Handlungsimpulse abgeblockt werden, da sie subjektiv immer als erfolglos erlebt werden und nur die aggressiven Handlungen erfolgreiche Konsequenzen beim Gegenüber zu haben scheinen („Mir hört ja doch niemand zu, außer: Ich schreie ganz laut und wütend!“). Auf dieser Stufe fällt also die allgemeine Entscheidung: „Soll die ausgewählte Handlung ausgeführt werden: ja oder nein?“

Stufe 4: Bewertung der möglichen Konsequenzen
Nachdem also auf der vorherigen Stufe eher allgemein entschieden worden war, dass der Handlungsimpuls zugelassen wird, fällt jetzt auf dieser Stufe eine eher situationsorientierte Entscheidung. Man überprüft die Konsequenzen der Handlung. Diese Entscheidung wird getroffen, indem man sich die möglichen Reaktionen in der sozialen Umwelt auf die beabsichtigte Handlung vorstellt. Erscheinen einem die wahrscheinlichen Konsequenzen als sehr unangenehm, dann wird entschieden, dass die geplante aggressive Handlung nicht ausgeführt wird. Diese Entscheidung kann umso besser getroffen werden, je langfristiger man die Konsequenzen vorhersagen kann. So ist z.B. für aggressive Kinder typisch, dass sie nur die kurzfristigen Konsequenzen ihrer Handlung wahrnehmen. Diese erleben sie als erfolgreich („Man hat mich gehört, weil ich ganz laut und wütend geschrien habe!“). Die eher negativen langfristigen Konsequenzen der sozialen Vereinsamung werden nicht beachtet. So muss an diesem Punkt darauf hingewiesen werden, dass Kinder generell Schwierigkeiten damit haben, die Konsequenzen ihrer Handlungen vorherzusehen. Dies hängt auch von der gerade erreichten Stufe der kognitiven Entwicklung ab. So dürfte sehr häufig übersehen werden, dass Kinder auf Grund ihres kognitiven Reifegrades bestimmte Konsequenzen ihrer Handlung noch gar nicht abschätzen können. Auf dieser Stufe fällt also die situative Entscheidung, ob das Verhalten ausgeführt werden soll oder nicht. Lautet jetzt die Entscheidung „ja“, so wird der Handlungsimpuls auch tatsächlich ausgeführt.

Literatur
Petermann, F. & Petermann, U. (2000). Training mit aggressiven Kindern. Heidelberg: PVU, Beltz.


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