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Neurochemische Reaktionen auf Sprache und Emotionen

Sprache ist eines der zentralen Merkmale menschlicher Kommunikation und hat weitreichende Auswirkungen auf Emotionen und Entscheidungen, wobei die neurowissenschaftliche Forschung zunehmend zeigt, dass Worte nicht nur kognitive Prozesse aktivieren, sondern auch direkte chemische Veränderungen im Gehirn auslösen. Eine aktuelle Studie von Batten et al. (2025) weist darauf hin, dass beim Verarbeiten emotionaler Sprache Neurotransmitter wie Dopamin, Serotonin und Noradrenalin freigesetzt werden. Dopamin, Serotonin und Noradrenalin sind essenzielle Botenstoffe im Gehirn, die eine Vielzahl von Funktionen wie Stimmung, Motivation und Aufmerksamkeit steuern. Bislang wurde angenommen, dass diese Neurotransmitter vor allem bei direkten Erlebnissen eine Rolle spielen, doch die aktuelle Studie belegt, dass diese chemischen Stoffe auch dann aktiviert werden, wenn Menschen emotionale Worte lesen, d. h.,  dass sprachliche Reize eine tiefere neurochemische Reaktion auslösen können als bisher vermutet.

Um diesen Mechanismus zu untersuchen, analysierte man die Gehirnaktivität von Patienten, die sich einer Tiefenhirnstimulation unterzogen. Während diese Probanden verschiedene positiv, negativ oder neutral konnotierte Worte lasen, wurden ihre neuronalen Aktivitäten im Thalamus und im anterioren cingulären Cortex gemessen. Die Ergebnisse offenbarten, dass beide Gehirnregionen stark auf emotionale Worte reagierten, wobei besonders der Thalamus eine unerwartet aktive Rolle spielte. Der Thalamus wird traditionell als Schaltzentrale für sensorische Informationen betrachtet, doch zeigte diese Studie, dass er auch auf emotionale Sprache reagiert. Das legt nahe, dass die emotionale Verarbeitung von Sprache nicht ausschließlich in kortikalen Arealen wie dem präfrontalen Cortex stattfindet, sondern auch tiefere, evolutionär ältere Strukturen involviert sind, was auch erklären könnte, warum emotionale Sprache oft körperliche Reaktionen auslöst, wie etwa Gänsehaut oder eine veränderte Herzfrequenz.

Ergänzende Tierversuche mittels Optogenetik – einer Technik, bei der Nervenzellen gezielt durch Licht aktiviert oder deaktiviert werden – zeigte, dass die beobachteten Neurotransmitterreaktionen tatsächlich mit der Verarbeitung emotionaler Sprache in Verbindung stehen. Diese Ergebnisse verdeutlichen also, dass die neuronale Reaktion auf emotionale Sprache keine zufällige Erscheinung ist, sondern ein fundamentaler Bestandteil der neurochemischen Sprachverarbeitung.

In der Psychologie könnten diese Erkenntnisse dazu beitragen, das Verständnis für emotionale Sprachverarbeitung in Therapie und Kommunikation zu vertiefen, denn so könnte der gezielte Einsatz bestimmter Worte in der Psychotherapie neurochemische Prozesse beeinflussen und so emotionale Zustände von Klienten und Klientinnen steuern. In der Neurowissenschaft eröffnet die Studie neue Fragen darüber, wie tief verwurzelt emotionale Sprachverarbeitung in evolutionär alten Hirnstrukturen ist.

Literatur

Batten, S. R., Hartle, A. E., Barbosa, L. S., Hadj-Amar, B., Bang, D., Melville, N., Twomey, T., White, J. P., Torres, A., Celaya, X., McClure, S. M., Brewer, G. A., Lohrenz, T., Kishida, K. T., Bina, R. W., Witcher, M. R., Vannucci, M., Casas, B., Chiu, P., Montague, P. R., & Howe, W. M. (2025). Emotional words evoke region- and valence-specific patterns of concurrent neuromodulator release in human thalamus and cortex. Cell Reports, 44, doi:10.1016/j.celrep.2024.115162

 


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