Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts galt es als sicher, dass die Menschen immer intelligenter werden. Doch Ende der 90er werden in mehreren Staaten der westlichen Welt die Bürger wieder dümmer. „Das Niveau der Studenten nimmt von Jahr zu Jahr ab“, klagt so mancher Universitätsprofessor. Auch andere Lehrbeauftragte können ein Lied von der „dümmer werdenden Jugend“ singen. Doch diese Einschätzung ist mehr als das allzu menschliche, pessimistische Gejammer: Seit einigen Jahren sinkt in den westlichen Industrienationen der IQ, bestätigen Wissenschaftler, die sich mit der Veränderung des Intelligenzquotienten befassen.
Es ist hauptsächlich die fluide Intelligenz, die abnimmt. Das ist die Fähigkeit, neue Probleme ohne Rückgriff auf Erfahrungen zu lösen. Dies wird in der Schule kaum vermittelt. Die fluide Intelligenz bestimmt, wie schnell Informationen verarbeitet und wie präzise und gut sie gespeichert werden können.
Dagegen habe sich in der kristallisierten Intelligenz in den vergangenen Jahrzehnten nur sehr wenig geändert. Sie umfasst die ausgewertete Erfahrung, das Wissen sowie den Wortschatz, also Inhalte, die vor allem in der Schule beigebracht werden. Der Rückgang der fluiden Intelligenz in den hoch entwickelten Ländern ist für die Intelligenzforscher insofern erstaunlich, als dass die Intelligenz zuvor jahrzehntelang immer weiter zugenommen hatte. Diesen stetigen IQ-Anstieg entdeckte der neuseeländische Politikwissenschaftler James Flynn, nachdem er die Daten von vierzehn Industrienationen ausgewertet hatte (Flynn-Effekt). Mit Beginn der neunziger Jahre hörte die Steigerung der IQ-Werte auf. Seit 1999 beobachtet man einen Rückgang. Eine Vergleichsstudie an deutschen, österreichischen und Schweizer Kindern deckte für alle drei Nationen geringere Leistungen im Vergleich zu früheren Untersuchungen auf. Die schwindende Intelligenz in den Industrienationen hat wohl mehrere Ursachen. Viele Anforderungen laufen auf einem zu hohen Niveau ab: zu schnell, zu anstrengend, zu abstrakt, unverständlich und undurchschaubar. Überforderte Menschen flüchten sich in weniger anspruchsvolle Alternativangebote wie zum Beispiel Sportsendungen oder reine Unterhaltungssendungen. Dadurch wird das Gehirn weniger gefördert. Außerdem sind viele Menschen passiver als früher und überdenken Informationen nicht aktiv, sondern lassen sich berieseln.
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