Baldwin nahm an, dass sich die geistige Entwicklung in Epochen unterteilt, deren Abfolge universal gültig ist. Zwischen 4 und 8 Monaten besitzt ein Kind lediglich die Eigenschaften niederer Wirbeltiere, von 8 bis 12 Monaten die der höheren Wirbeltieren und erst ab 2 Jahren die geistigen Eigenschaften eines menschlichen Lebewesens. Der Ansatz von Baldwin kann auch als genetische Epistemologie bezeichnet werden, also als Ansatz, der die Art und Weise beschreibt, wie ein Subjekt objektives Wissen von seiner Umwelt erreicht. Wichtig sind in seinen Augen vor allem zwei Prozesse, und zwar die Gewohnheitsbildung und die Akkomodation. Die ersten Gewohnheiten bilden sich über eine zirkuläre Reaktion aus. Veränderungen in der Umwelt werden vom Wahrnehmungssystem registriert und führen automatisch zu Erregungen des motorischen Systems. Hierdurch werden globale Bewegungsmuster initialisiert und führen zu einer leichten Orientierung zum Reiz hin. Hierdurch wächst die wahrgenommene Intensität des Reizes, da der Reiz nun zentraler im Blickfeld ist. Dies löst einen weiteren Erregungsschub aus bis der Reiz bzw. die Quelle der Stimulation genau im Zentrum des Blickfeldes ist. Die Gewohnheitsbildung erfolgt durch das mehrfache Wiederholen einer zirkulären Reaktion. Nach den ersten Gewohnheiten können sich Pläne (Schemata) zur Orientierung zu einem bestimmten Stimulus entwickeln. Die Aktivierung von Schemata wir auch als Assimilation bezeichnet. Durch gesteigerte Aufmerksamkeit (Reifung des Cortex) gelingt es, alte Gewohnheiten aufzubrechen und somit ein höheres Niveau der Anpassung zu erreichen. Dies wird als Akkomodation bezeichnet.
Epochen der Entwicklung und deren Abfolge nach Baldwin
Die Epoche der sensu-motorischen Suggestion erstreckt sich von der Geburt bist zum 4. Lebensmonat. Hier finden erste zirkuläre Reaktionen statt, d. h.,es kommt zu Ausbildung erster basaler Gewohnheiten. Differenzierte Schemata können nur bei Vorhandensein des jeweiligen Stimulus aktiviert werden. Zwei Schemata mit verschiedenen Stimuli können nicht miteinander koordiniert werden. Baldwin widersprach damit Kants Ansicht, dass die Wahrnehmung von Zeit und Raum angeboren sei. In der Epoche der Ideomotorische Suggestion werden durch die Funktion des Gedächtnisses geistige Kopien von Stimuli möglich, jedoch ist die Gedächtnisfunktion zunächst monoideistisch, d. h., es erfolgt immer nur eine Kopie eines Stimulus. Erst ab einem Alter von 8 Monaten wird das Gedächtnis polyideistisch, was den Vergleich zweier Kopien und damit die Willensbildung ermöglicht. Schließlich ist die Stufe des Denkens erreicht, die von quasi-logischem Denken über logisches und hyperlogisches Denken zum extralogischen Denken führt.
Literatur
Montada, L. (2002). Fragen, Konzepte, Perspektiven. In R. Oerter & L. Montada (Hrsg.), Entwicklungspsychologie (S. 3-53). Weinheim: Psychologie Verlags Union.
Shaffer, D. R. (2000). Social & personality Development. Belmont, CA: Wadsworth.
Eckensberger, L. H. & Keller, H. (1998). Menschenbilder und Entwicklungskonzepte. In H. Keller (Hrsg), Lehrbuch Entwicklungspsychologie. Bern: Huber.
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