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Episodisches Gedächtnis bei Männern und Frauen leicht unterschiedlich

Frauen MännerSich daran zu erinnern, was man gestern getan hat, ist typisch für eine alltägliche Aufgabe für das episodische Gedächtnis. Asperholm et al. (2019) haben Studien aus vierzig Jahren zu Geschlechtsunterschiede im episodischen Gedächtnis untersucht und fanden einen allgemeinen weiblichen Vorteil bei Aufgaben, die überwiegend verbalisierbar sind, und einen männlichen Vorteil bei Aufgaben, die ein hohes Maß an räumlicher Verarbeitung erfordern. Im episodischen Gedächtnis befinden sich etwa Erinnerungen an persönliche Erlebnisse oder auch markante Ereignisse aus Politik, Wirtschaft oder berühmten Personen. Auch wenn die Differenzen nicht allzu groß sind, gibt es doch kognitive Verschiedenheiten zwischen den zwei Geschlechtern im Alltag. Im untersuchten Zeitraum sind auch diese Geschlechtsunterschiede sind stabil geblieben, obwohl sie in ihrer Größenordnung je nach geografischer Region unterschiedlich ausfallen und für das verbale episodische Gedächtnis in Kindheit und Alter kleiner sind als in anderen Altersgruppen.

Über den Zeitverlauf der analysierten Studien hin sind die Unterschiede seit 1973 stabil geblieben, bei verbalen episodischen Gedächtnisaufgaben waren die Unterschiede in Europa, Nordamerika, Ozeanien und Südamerika größer als in Asien und in der Kindheit und im Alter kleiner als in anderen Altersgruppen. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Männer ihren räumlichen Vorteil bei räumlich anspruchsvollen Aufgaben des episodischen Gedächtnisses nutzen können, während Frauen bei Aufgaben des episodischen Gedächtnisses, die verbalisiert werden können, und bei Aufgaben, die weder verbal noch räumlich sind, wie z. B. das Erinnern von Gesichtern und Gerüchen/Geschmack/Farben, gut abschneiden.


Emotionale Informationen werden bekanntlich besser erinnert als neutrale Informationen und es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass die Amygdala und ihre Interaktion mit anderen Gehirnregionen eine wichtige Rolle bei der gedächtnisfördernden Wirkung emotionaler Erregung spielt. Während man festgestellt hat, dass das Kleinhirn an der Angstkonditionierung beteiligt ist, ist seine Rolle bei der emotionalen Verstärkung des episodischen Gedächtnisses weniger deutlich. Um diese Frage zu klären, haben Fastenrath et al. (2022) bei über eintausend gesunden Probanden einen funktionellen MRT-Ansatz für das gesamte Gehirn verwendet, wobei man zunächst Cluster identifizierte, die während der verstärkten Gedächtniskodierung negativ und positiv emotional besetzterer Bilder signifikant aktiviert wurden. Zusätzlich zu den bekannten, mit dem emotionalen Gedächtnis verbundenen Gehirnregionen identifizierte man dabei auch einen Cluster im Kleinhirn. Mit Hilfe der dynamischen Kausalmodellierung identifizierte man dabei mehrere Kleinhirnverbindungen mit erhöhter Verbindungsstärke, die mit einem verbesserten emotionalen Gedächtnis korrespondierten, darunter eine Verbindung zu einem Cluster, der die Amygdala und den Hippocampus umfasst, sowie bidirektionale Verbindungen mit einem Cluster, der den anterioren cingulären Cortex umfasst. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Kleinhirn integraler Bestandteil eines Netzwerks ist, das an der emotionalen Verstärkung des episodischen Gedächtnisses beteiligt ist. Obwohl ein verbessertes Gedächtnis für emotionale Erfahrungen einen lebenswichtigen Mechanismus darstellt, kann ein solches im Falle negativer Erlebnisse wiederkehrende Angstzustände begünstigen.

Literatur

Asperholm, Martin, Högman, Nadja, Rafi, Jonas & Herlitz, Agneta (2019). What did you do yesterday? A meta-analysis of sex differences in episodic memory. Psychological Bulletin, 145, 785-821.
Fastenrath, Matthias, Spalek, Klara, Coynel, David, Loos, Eva, Milnik, Annette, Egli, Tobias, Schicktanz, Nathalie, Geissmann, Léonie, Roozendaal, Benno, Papassotiropoulos, Andreas & de Quervain, Dominique J.-F. (2022). Human cerebellum and corticocerebellar connections involved in emotional memory enhancement. Proceedings of the National Academy of Sciences, 119, doi:10.1073/pnas.2204900119.


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