Zielsetzung der Psychoanalyse ist es, Motive des Verhaltens einer Person zu erkennen und Handlungsweisen zu verstehen. Sie steht damit in der Tradition der Geisteswissenschaften. Die Psychoanalyse versucht zurückschauend das jetzige Verhalten in einen sinnvollen Zusammenhang mit vergangenen Erfahrungen zu bringen. Kann ein solcher Sinnzusammenhang hergestellt werden, gilt das Verhalten als verstanden.
Die Suchrichtung wird bestimmt durch die psychoanalytische Theorie, die aufgrund vorausgegangener Beobachtungen entwickelt wurde. Der Person nicht bewusste Motive spielen beim Verstehen eine große Rolle. Nicht das Experiment gilt als Erkenntnismethode, sondern die sinnvoll geordnete und im Wechselspiel mit einer Theorie interpretierte Beobachtung.
In der Psychoanalyse werden als Ursache von Störungen Konflikte angesehen, deren Lösung die psychischen Fähigkeiten einer Person überforderte. Da Konflikte unangenehm sind, werden sie häufig durch einen Schutzmechanismus in der Person aus dem Bewusstsein ausgeblendet. Solche in der Folge unbewussten Konflikte sind aber weiterhin vorhanden und unterstützen die Symptome.
Große Wirksamkeit entfalten Konflikte in der frühen Kindheit, da Kinder weniger als Erwachsenen die Reife fehlt, eigenständig zu einer Lösung der Konflikte zu kommen. Aus diesen Gründen beschäftigt sich Psychoanalyse primär mit den in der Person liegenden Bedingungen für Störungen, während Verhaltensmedizin sich mehr auf die Lebensbedingungen einer Person bezieht.
In der Psychoanalyse sind unbewusste Motive und Konflikte das eigentlich Interessierende. Diese Motive können nicht direkt beobachtet, sondern nur erschlossen werden. Die Ergebnisse der eingesetzten Testverfahren bedürfen daher der Interpretation durch den Untersucher. Die Tests sollen dem Verständnis der Person dienen, nicht aber der Quantifizierung ihrer Merkmale. In der Psychoanalyse werden Verfahren eingesetzt, die darauf hinzielen, zu den unbewussten Motiven vorzudringen und diese dem Patienten zu verdeutlichen. Verhaltensweisen werden interpretiert, d.h. es wird ein Bezug zu dem Unbewussten hergestellt. Hierbei spielen die Analyse von Träumen und von Äußerungen des Patienten im therapeutischen Gespräch eine große Rolle.
Es wird davon ausgegangen, dass ein Patient, der sich und seine unbewussten Motive besser kennen gelernt hat, auch seine Störungen, die hierauf beruhen, selbst kontrollieren lernt. Ein direktes Einüben neuen Verhaltens wird nicht als so bedeutend angesehen. Wenn Psychoanalytiker die Interaktionen zwischen Mutter und Kind interpretieren, sind sie gezwungen diese Interpretationen aus der Sicht des Erwachsenen vorzunehmen. Das unmittelbare Erleben des Neugeborenen und des Kleinkindes ist ihnen nicht zugänglich. Die Mitarbeit des Patienten ist eine unabdingbare Voraussetzung für den Therapieerfolg in jedem Verfahren. Um diese Mitarbeit zu sichern, sollte zu Beginn der Therapie ein vorläufiges Modell erarbeitet werden, das die Entwicklung und Aufrechterhaltung der psychischen Störung erklärt. Dieses Krankheitsmodell liefert wichtige Anhaltspunkte für die Therapie, so dass in einem zweiten Schritt ein Behandlungsmodell abgeleitet werden kann, das eben diese Implikationen des Krankheitsmodells für die Therapie verbalisiert.
Über die Art, Dauer und Prognose der Therapie entscheidet nicht allein die Symptomatik (zum Beispiel Ausmaß der Behinderung oder Chronizität), sondern daneben auch die aktuellen Lebensumstände (Arbeitslosigkeit, Schulden, andere schwer auflösbare Abhängigkeiten) und vor allem Persönlichkeitseigenschaften von Patient (und Therapeut!).
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