In einer Studie (Kleindorfer et al., 2023) untersuchte man die vorgeburtliche Klangerfahrung und Klanglehre junger Singvögel, wobei sich zeigte, dass das Schlaflied, das Singvögel-Mütter ihren Eiern schon während des Brütens vorsingen, dabei eine größere Rolle als bisher gedacht spielt. Die acht untersuchten Singvögelarten gehörten zur Gruppe der Maluridae, ein Tierstamm aus Australasien, bei dem sich die Fähigkeit zu Singen und vokalem Lernen schon vor 5 Millionen Jahren entwickelt hat. Dabei fand man heraus, dass bereits die ungeschlüpften Küken von den Rufen der brütenden Mütter lernen, denn die Rufe der Prachtstaffelschwanz-Mütter enthalten ein charakteristisches Element, das sich auch in den Bettelrufen der frisch geschlüpften Küken wiederfand. Außerdem konnte man zeigen, dass langsameres Vorsingen zu besseren Lernergebnissen führte, denn die Küken von langsamer rufenden Müttern erzeugten schließlich Bettelrufe, die jenen ihrer Mütter ähnlicher waren. Bei wiederholtem Vorsingen hingegen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Lernerfolg der Küken. Man konnte also zeigen, dass das Erlernen von Lautelementen schon viel früher als bisher gedacht beginnt und vom Verhalten der Vögelmütter beeinflusst wird. Hörten übrigens die Küken den charakteristischen Ruf ihrer Mütter, verlangsamte sich ihre Herzfrequenz, ähnlich, wie das bei der menschlichen Stimme der Mutter der Fall ist.
Literatur
Kleindorfer, Sonia, Brouwer, Lyanne, Hauber, Mark E, Teunissen, Niki, Peters, Anne, Louter, Marina, Webster, Michael S, Katsis, Andrew C, Sulloway, Frank J, Common, Lauren K., Austin, Victoria I. & Colombelli-Négrel, Diane (2023). Nestling begging calls resemble maternal vocal signatures when mothers call slowly to embryos. The American Naturalist, doi:10.1086/728105.
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