In der Lernpsychologie wird der Begriff neurotypischer Lerner verwendet, um Menschen zu beschreiben, deren neurologische Entwicklung und Informationsverarbeitung als typisch oder durchschnittlich im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung gelten. Das bedeutet nicht, dass neurotypische Lerner alle gleich funktionieren oder dass ihre Lernwege identisch wären, sondern dass ihre kognitiven, sozialen und sensorischen Verarbeitungsweisen im Rahmen dessen liegen, was in der Entwicklungspsychologie als „normtypisch“ beschrieben wird.
Neurotypische Lerner verfügen in der Regel über ein relativ stabiles Gleichgewicht zwischen Aufmerksamkeitssteuerung, exekutiven Funktionen, organisatorischen Fähigkeiten, sozialem Verständnis und der Fähigkeit, Informationen in gängigen schulischen oder beruflichen Lernumgebungen zu verarbeiten. Sie benötigen meist keine besonderen Anpassungen, weil die gängigen didaktischen Methoden – lineare Instruktion, Frontalunterricht, Gruppenarbeit, standardisierte Prüfungsformate – auf diese durchschnittlichen Verarbeitungsmodalitäten zugeschnitten sind.
Im Gegensatz dazu stehen neurodivergente Lerner, etwa Menschen, die im Autismus-Spektrum sind, AD(H)S haben oder andere Formen atypischer sensorischer und kognitiver Verarbeitung zeigen; sie profitieren häufig von alternativen oder individualisierten Lernwegen. Der Begriff „neurotypisch“ ist deshalb nicht wertend zu verstehen, sondern dient dazu, Unterschiede in Lernvoraussetzungen sichtbar zu machen und besser einordnen zu können, wie Lernumgebungen gestaltet sind und für wen sie intuitiv funktionieren. Er verweist zugleich darauf, dass Lernpsychologie keine einheitlichen Normen erzwingen will, sondern beschreibt, wie vielfältig menschliches Lernen sein kann und wie wichtig es ist, Lernräume so anzulegen, dass sie sowohl neurotypische als auch neurodivergente Profile berücksichtigen.
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