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Das Gehirn kann viel mehr Informationen speichern als bisher angenommen

Die erstaunlichen Fähigkeiten des menschlichen Gehirns wurden lange Zeit unterschätzt. Neueste Forschungsergebnisse (Samavat et al., 2024) deuten darauf hin, dass unsere graue Substanz fast zehnmal mehr Informationen speichern kann als bisher angenommen. Ähnlich wie ein moderner Computer kodiert und speichert unser Gehirn Informationen in binären „Bits“. Diese elementaren Einheiten werden in den millionenfach verzweigten Verbindungen zwischen den Nervenzellen, den Synapsen, gespeichert. Bis vor kurzem ging man davon aus, dass diese synaptischen Kontakte nur eine begrenzte Kapazität haben, was die Speicherkapazität des Gehirns zwangsläufig begrenzt. Mit neuen, präzisen Analysemethoden konnte diese Annahme nun widerlegt werden. In einer viel beachteten Studie ist es Forschern gelungen, die Übertragungsstärke neuronaler Verbindungen bei Versuchstieren genau zu messen. Diese Synapsen sind für Lernprozesse und die Speicherung von Erinnerungen unerlässlich, da sie den Informationsaustausch zwischen den Gehirnzellen ermöglichen. So konnte die Fähigkeit der Synapsen quantifiziert werden, Informationen trotz des „Hintergrundrauschens“ im komplexen neuronalen Netzwerk des Gehirns zuverlässig zu übertragen. Die Analyse der Synapsen im Hippocampus von Ratten, einer Schlüsselregion für Lernen und Gedächtnis, zeigte, dass einzelne Synapsen zwischen 4,1 und 4,6 Bit an Informationen speichern können. Dies übertrifft bei weitem die bisherige Annahme, dass Synapsen nur ein Bit an Information aufnehmen können. Daraus wurde geschlossen, dass das menschliche Gehirn über eine weitaus größere Speicherkapazität verfügt als bisher angenommen. Statt der bisher angenommenen begrenzten Kapazität könnten die über 100 Billionen Synapsen des menschlichen Gehirns bis zu zehnmal mehr Daten aufnehmen und speichern. Diese Erkenntnis könnte nicht nur unser Verständnis von Lern- und Gedächtnisprozessen erweitern, sondern auch neue Ansätze für die Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen liefern, bei denen genau diese synaptischen Verbindungen geschwächt sind.

Literatur

Samavat, Mohammad, Bartol, Thomas M.,  Harris, Kristen M. & Sejnowski, Terrence J. (2024). Synaptic Information Storage Capacity Measured With Information Theory. Neural Computation, 36, 781–802.


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