*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Biographische Daten erlauben in besonderer Weise einen Einblick in den Sozialisationsprozess eines Menschen, und sind durch die spezifische Kombination von Ereignissen in hohem Maße unverwechselbar und machen einen großen Teil der Individualität eines Menschen aus. Die Entwicklung eines Menschen zu diagnostizieren, geschieht in der Psychologie einerseits auf dem Weg, Messungen durchzuführen, was aber in der Regel einen linear verlaufenden Veränderungsprozess voraussetzt. Inhaltliche und strukturelle Entwicklungen sind demgegenüber nicht oder nur schwer messbar, d.h., sie müssen qualitativ-intuitiv erfasst werden und repräsentieren zugleich eine besonders anspruchsvolle Form von Diagnostik. Biographische Diagnostik wird aber in der psychologischen Diagnosepraxis nur selten genutzt, obwohl sie in vielen Bereichen der angewandten Psychologie reichhaltige Einsichtsmöglichkeiten eröffnen könnte.
Die biographische Diagnostik als Teilaspekt der psychologischen Diagnostik existierte bisher in der Psychologie eher als biographische Analyse, da es bisher keine umfassende Theorie biographischer Daten besteht und allenfalls vage Beziehungen zur Sozialisationstheorie hergestellt wird, da bekanntlich das vergangene Erleben und Verhalten eines Menschen nicht nur im Alltag sondern auch in der Wissenschaft oft als besten Prädiktor künftigen Erlebens und Verhaltens angesehen wird. In einer biographischen Analyse werden in der Regel biographische Daten erfasst, also Informationen über die gesamte Lebens- und Lerngeschichte eines Individuums, oder zumindest von wichtigen Ausschnitten daraus. Eine solche biographische Analyse findet etwa im medizinischen Bereich in Form der Anamnese zur Vorgeschichte einer Erkrankung statt, wobei diese als eine Sammlung und Systematisierung von Informationen eines Patienten oder Klienten erfolgt.
*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Sowohl der sozial-emotionale als auch der kognitive Entwicklungsstand eines Menschen können mit einem qualitativen halbstrukturierten Interview bestimmt werden. In diesem wird beleuchtet, wie ein Mensch sich im Alltag und im Berufsleben Bedeutung erschließt und bis zu welchem Grad er in der Lage ist, eine Theorie von sich und den sozialen Beziehungen zu entwickeln. In der Auswertung kann zunächst der Entwicklungsschwerpunkt ermittelt werden und dann in einem zweiten Schritt können dann Aussagen dazu getroffen werden, wie groß etwa die Tendenz ist, in schwierigen Situationen in frühere Entwicklungsphasen zurückzufallen, oder welches Entwicklungspotenzial sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt zeigt. Geht es etwa darum, den richtigen Mitarbeiter für eine Führungsposition zu finden, lassen der kognitive Fluiditätsgrad sowie der sozial-emotionale Entwicklungsstand Aufschluss darüber zu, welchen Komplexitätsanforderungen ein Mensch momentan gewachsen ist und vielleicht auch in Zukunft gewachsen sein kann.
Das biographische Interview bewirkt mit der Orientierung auf den gesamten Lebenslauf, dass sich ein Kandidat nicht fragmentiert vorkommt und sich dadurch stärker öffnet. Fragen nicht vorher festgelegt, sondern stellen sich erst nachher im Anschluss an die Erwähnung wichtiger biographischer Felder. Der Interviewer muss sich allerdings darauf vorbereiten, die diversen operant berichteten Inhalte von Kandidaten diagnostisch mit möglichst ergiebigen Anschlussfragen zu nutzen. Die aus seinen eigenen Antworten generierten Nachfragen führen den Kandidaten zum diagnostisch wünschenswerten Ego-Involvement und damit zu authentischeren Reaktionen als zu den sattsam bekannten ego-distanten Schilderungen, die der Kandidat sich oft noch aussuchen darf und ausschmücken kann. Genau darauf bereiten sich ja immer mehr Kandidaten anhand der verbreiteten Ratgeberliteratur ausgiebig vor. Fragen stützen sich daher auf konkrete Erfahrungen, die vom Kandidaten spontan berichtet werden, d.h., man fahndet im Interview nach idiographisch sinnvollen Erfahrungen, um dazu gezielt nachzufragen (vgl. Sarges, 2011).
Literatur
Sarges, Werner (2011). Biographisches Interviewen in der Eignungsdiagnostik. In Gerd Jüttemann (Hrsg.), Biographische Diagnostik. Lengerich, Berlin: Pabst.
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