Angst ist eine Reaktion auf Gefahren, der Menschen das Überleben in der Evolution verdanken, denn fürchtete man sich vor einem Löwen, das plötzlich vor einem stand, lief man davon oder griff es an. Für diese beiden Reaktionen war eine Mobilisierung von Muskelkraft notwendig, wobei die dank der verstärkten Ausschüttung des Stresshormons Cortisol geschieht, das den menschlichen Stoffwechsel innerhalb von Sekunden befeuern kann. Indem man im Laufschritt dem Löwen entkommt oder ihn mit großer Anstrengung erlegt, baute man Cortisol dank der dabei beanspruchten Muskeln ab. Diese Regelkreise der Angstreaktion haben sich bis heute nicht geändert, sondern laufen in Situationen, die Angst machen, automatisch ab. Zwar sind Löwen heute eher selten, doch dafür gibt es andere Gefahren, etwa die Bedrohung durch Kriegshandlungen oder Seuchen. Vor diesen kann man nicht fliehen, denn dazu ist geografische Radius meist zu sehr eingeschränkt, und man kann auch nicht dagegen kämpfen, denn um etwa einen Virus zu eliminieen, gibt es noch nicht die passende Waffe, also einen Impfstoff oder ein Medikament. In diesem Fall bleibt die Angst und mit ihr Cortisol im menschlichen Körper. Dieses Hormon macht Menschen aggressiver, unruhiger, löst Stress aus, wobei in den Skelettmuskeln die Aminosäure Tryptophan zu Kynurenin abgebaut wird. Kynurenin wirkt wie ein Hormon, es kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden und so im Gehirn als Botenstoff wirken, wobei Kynurenin die Funktion von Nervenzellen verändert und depressive Stimmungen auslösen kann.
Untersuchungen am Mausmodell (Agudelo et al., 2014) haben gezeigt, dass Kynurenin bei Entzündungen die Gefäße erweitert, wobei regelmäßige Bewegung in den Muskeln über komplexe Prozesse Kynurenin-Aminotransferase entsteht, das Kynurerin unschädlich machen kann. Das geschieht dadurch, dass Kynurenin-Aminotransferase eine Umwandlung von Kynurenin in Kynurensäure bewirkt, einem Metaboliten, der nicht in der Lage ist, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Offensichtlich ist ein regelmäßiges Training mit spürbarer Belastung der Muskulatur bereits ausreichend, um zu einer Verbesserung der psychischen Gesundheit zu kommen. Daher kann körperliche Bewegung als Behandlungsstrategie für viele Menschen eingesetzt, die depressive Symptome zeigen.
Literatur
Agudelo, Leandro Z., Femenía, Teresa, Orhan, Funda, Porsmyr-Palmertz, Margareta, Goiny, Michel, Martinez-Redondo, Vicente, Correia, Jorge C., Izadi, Manizheh, Bhat, Maria, Schuppe-Koistinen, Ina, Pettersson, Amanda T., Ferreira, Duarte M.S., Krook, Anna, Barres, Romain, Zierath, Juleen R., Erhardt, Sophie, Lindskog, Maria & Ruas, Jorge L. (2014). Skeletal Muscle PGC-1?1 Modulates Kynurenine Metabolism and Mediates Resilience to Stress-Induced Depression. Cell, 159, 33-45.
Nachricht ::: Stangls Bemerkungen ::: Stangls Notizen ::: Impressum
Datenschutzerklärung ::: © Werner Stangl :::