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Alternde Gehirnzellen verlieren ihre Identität

Die Forschung zur Alterung des menschlichen Gehirns und deren Auswirkungen auf die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Eine der vielversprechendsten Ansätze ist die Verwendung von Minigehirnen, die aus menschlichen Stammzellen gezüchtet werden, um die Prozesse der Gehirnalterung und deren Zusammenhang mit Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson besser zu verstehen. Zwei bedeutende Studien, die sich mit den Alterungsprozessen von Gehirnzellen befassen, liefern neue Erkenntnisse und eröffnen Perspektiven für die Entwicklung von Therapien gegen neurodegenerative Erkrankungen.

Alternde Gehirnzellen und ihre Identität

An der Universität Innsbruck hat man Miniaturorganoide aus menschlichen Stammzellen entwickelt, die als Modell für das menschliche Gehirn dienen. Diese „Minigehirne“ werden in Laborschalen gezüchtet und in verschiedenen Experimenten untersucht, um Alterungsprozesse zu simulieren und deren Auswirkungen zu analysieren. In ihrer Studie entdeckten die Forscher, dass alternde Gehirnzellen teilweise ihre eigene Identität verlieren. Die Markierungen auf ihrem Erbgut, die die Identität der Zellen bestimmen, verschwanden, was zu einem Verlust der Funktionalität der Zellen führte. Diese Veränderungen wurden mit der Zunahme von oxidativen Schäden in Verbindung gebracht, die durch den Sauerstoff verursacht werden, ähnlich wie der „Rost“ an Eisen. Diese Schäden häufen sich im Laufe der Zeit und beeinträchtigen die Funktion der Zellen.

Besonders bemerkenswert ist, dass die Forscher einen genetischen Marker identifizierten, der sowohl für die Reparatur des Erbguts als auch für den Erhalt der zelltypischen Marker wichtig ist. Diese Erkenntnis könnte eine Schlüsselrolle dabei spielen, das Altern der Gehirnzellen zu verzögern und neurodegenerativen Erkrankungen vorzubeugen. Die Forscher untersuchen derzeit, ob pharmakologische Interventionen, wie der Einsatz von Spermidin, dazu beitragen können, den Alterungsprozess in den Minigehirnen zu verlangsamen. Die Verwendung dieser Modelle könnte auch zur Entdeckung neuer Medikamente und Behandlungsmethoden führen, die das Altern des Gehirns verlangsamen und neurodegenerative Erkrankungen verhindern könnten

Modellierung der Parkinson-Erkrankung mit Minigehirnen

Ein weiterer innovativer Ansatz zur Untersuchung der Gehirnalterung und ihrer Rolle bei neurodegenerativen Erkrankungen ist die Entwicklung eines Modells für Parkinson’sche Erkrankung durch das Alter von Gehirn-Organoiden. In einer gemeinsamen Studie mit Forschern aus Luxemburg und Innsbruck wurde ein Modell entwickelt, das die frühesten Anzeichen der Parkinson-Krankheit zeigt. Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung, die mit dem Verlust von dopaminergen Neuronen in der Substantia nigra des Gehirns in Verbindung steht, was zu einer gestörten Kommunikation im nigrostriatalen System führt.

Die Forscher verwendeten Minigehirne, die durch Überexpression von Progerin, einem Protein, das mit frühzeitiger Alterung in Verbindung gebracht wird, altern. Die „Midbrain-Striatum-Assembloids“ entwickelten nicht nur eine typische Vernetzung von dopaminergen Neuronen, sondern begannen auch, Merkmale einer Alterung zu zeigen, die mit frühen neurodegenerativen Phänotypen von Parkinson in Zusammenhang stehen. Die Forscher konnten bereits Anzeichen der Dysregulation im dopaminergen Netzwerk beobachten, was einen wichtigen Schritt in der Forschung zur Parkinson-Krankheit darstellt. Diese Minigehirnmodelle bieten neue Einblicke in die Rolle der Alterung bei der Entstehung und dem Fortschreiten von Parkinson und ermöglichen es, mögliche therapeutische Ansätze zu testen (Barmpa et al., 2024).

Die Forschung an Minigehirnen eröffnet neue Perspektiven für das Verständnis der Alterungsprozesse im Gehirn und deren Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen. Die Entdeckung, dass alternde Gehirnzellen ihre Identität verlieren und dass dies mit oxidativen Schäden und epigenetischen Veränderungen zusammenhängt, liefert wertvolle Hinweise auf mögliche Interventionen, die das Altern des Gehirns verlangsamen könnten. Darüber hinaus bieten die Minigehirnmodelle eine vielversprechende Plattform zur Untersuchung der Parkinson-Krankheit und anderer neurodegenerativer Erkrankungen. Weitere Forschungen sind notwendig, um zu verstehen, wie genau Alterung das Gehirn beeinflusst und welche therapeutischen Maßnahmen helfen können, neurodegenerative Prozesse zu verhindern oder zu verlangsamen.

Referenzen:

Barmpa, K., Saraiva, C., Lopez-Pigozzi, D., Gomez-Giro, G., Gabassi, E., Spitz, S., Brandauer, K., Rodriguez Gatica, J. E., Antony, P., Robertson, G., Sabahi-Kaviani, R., Bellapianta, A., Papastefanaki, F., Luttge, R., Kubitscheck, U., Salti, A., Ertl, P., Bortolozzi, M., Matsas, R., Edenhofer, F., & Schwamborn, J. C. (2024). Modeling early phenotypes of Parkinson’s disease by age-induced midbrain-striatum assembloids. Communications biology, 7, 1561.


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