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Emotionale Ablenkung und ihre Wirkung auf Aufmerksamkeit und Gedächtnis

    In einer zunehmend reizüberfluteten Welt wird die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auf eine Aufgabe zu richten und aufrechtzuerhalten, zu einer immer größeren kognitiven Herausforderung. Emotionale Reize – besonders solche mit negativem Inhalt – spielen dabei eine entscheidende Rolle, wie aktuelle Erkenntnisse der kognitiven Neurowissenschaft zeigen. Eine neue Studie von Esterman et al. (2025) liefert nun wichtige Einblicke in die Interaktion zwischen emotionalen Ablenkungen, Aufmerksamkeit und Gedächtnisprozessen und zeigt zugleich Potenziale für therapeutische Anwendungen auf. Man führte dabei eine Reihe von Experimenten durch, bei denen Probanden eine anspruchsvolle visuelle Aufmerksamkeitstestaufgabe, den emotional gradual onset continuous performance task (emogradCPT) absolvierten. Währenddessen wurden im Hintergrund emotionale Bilder gezeigt, darunter sowohl neutrale als auch positive und negative Reize. Die Ergebnisse waren eindeutig: Insbesondere negativ-emotionale Ablenkungen wie das Bild eines weinenden Babys führten zu signifikant langsameren Reaktionszeiten und reduzierter Genauigkeit bei den Aufgaben. Zudem wurden diese negativen Bilder im Nachhinein besser erinnert als neutrale oder positive, was auf eine verstärkte Gedächtniskodierung solcher Reize schließen lässt.

    Diese Befunde unterstreichen die besondere Macht negativer emotionaler Ablenkungen, sowohl die gegenwärtige kognitive Leistung zu beeinträchtigen als auch das Gedächtnis langfristig zu beeinflussen. Während frühere Studien primär interne Ablenkungen oder allgemeine Aufmerksamkeitsprozesse betrachteten, bringt dieses neue Paradigma eine neue Qualität in die Forschung, indem es externe emotionale Reize gezielt untersucht und deren Wirkmechanismen sichtbar macht. Dabei wird deutlich, dass emotionale Ablenkungen nicht bloß kurzzeitige Irritationen sind, sondern weitreichende Auswirkungen auf die Informationsverarbeitung und Gedächtnisbildung haben können. Ein Anliegen der Studie war es auch, die klinische Relevanz dieser Zusammenhänge aufzuzeigen, denn besonders für Menschen mit Angststörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) könnten die Erkenntnisse von großer Bedeutung sein.

    Letztlich trägt die Arbeit von Esterman et al. (2025) entscheidend dazu bei, das Verständnis davon zu vertiefen, wie das menschliche Gehirn mit emotionaler Information umgeht, insbesondere in Situationen, die eigentlich neutral und aufgabenorientiert sind. Offenbar sind kognitive Leistungen deutlich von emotionalen Einflüssen abhängig

    Literatur

    Esterman, M., Agnoli, S., Evans, T. C., Jagger-Rickels, A., Rothlein, D., Guida, C., Hughes, C. & DeGutis, J. (2025). Characterizing the effects of emotional distraction on sustained attention and subsequent memory: A novel emotional gradual onset continuous performance task. Behavior Research Methods, 57, 141.


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