Die Erinnerung an Träume ist ein faszinierendes und vielschichtiges Thema, das in der wissenschaftlichen Forschung noch nicht vollständig verstanden wird. Es gibt zahlreiche Faktoren, die die Fähigkeit zur Traumwahrnehmung beeinflussen können, von individuellen Eigenschaften bis hin zu Umweltfaktoren. Eine aktuelle Studie, die zwischen 2020 und 2024 durchgeführt wurde, bietet wertvolle Einblicke in diese Prozesse, denn sie zeigt, dass neben altersbedingten Veränderungen und saisonalen Schwankungen auch die persönliche Einstellung gegenüber Träumen und die Schlafqualität eine Rolle bei der Erinnerung an Träume spielen. Obwohl es wissenschaftlich erwiesen ist, dass Menschen während des Schlafs mehrere Traumphasen durchlaufen, variiert die Erinnerung an diese Phasen erheblich zwischen den Individuen. Während manche Menschen ihre Träume detailliert wiedergeben können, erinnern sich andere überhaupt nicht an ihre nächtlichen Erlebnisse. Verschiedene Studien haben in der Vergangenheit versucht, Muster in der Traumerinnerung zu finden. Einige untersuchten, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Geschlecht, dem Alter oder der Neigung zum Tagträumen und der Traumerinnerung gibt. Andere Forschungsarbeiten behaupteten, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale oder kognitive Fähigkeiten mit der Erinnerung an Träume zusammenhängen könnten. Diese Hypothesen konnten jedoch oft nicht bestätigt werden (Elce et al., 2025).
In der aktuellen Untersuchung fand man, dass neben persönlichen Eigenschaften auch saisonale Schwankungen und altersbedingte Veränderungen die Traumerinnerung beeinflussen können. In einer prospektiven Studie mit 217 gesunden Erwachsenen im Alter von 18 bis 70 Jahren untersuchte man die Auswirkungen von Schlafmustern, kognitiven Eigenschaften und der persönlichen Einstellung gegenüber Träumen auf die Erinnerung an diese. Teilnehmer wurden täglich gefragt, ob sie in der Nacht geträumt hatten und ob sie sich an den Inhalt des Traums erinnern konnten. Darüber hinaus wurden Schlafdauer, Schlafeffizienz, Schlafstörungen sowie die Hirnaktivität während des Schlafs überwacht.
Die Ergebnisse zeigten, dass Menschen mit schlechterer Schlafqualität oder geringerer Schlaftiefe tendenziell besser in der Lage waren, sich an ihre Träume zu erinnern. Jüngere Probanden konnten sich nicht nur daran erinnern, geträumt zu haben, sondern auch an die Inhalte ihrer Träume. Im Gegensatz dazu berichteten ältere Teilnehmer häufiger von sogenannten „weißen Träumen“, was bedeutet, dass sie den Inhalt ihrer Träume direkt nach dem Aufwachen wieder vergessen hatten. Diese Unterschiede könnten durch altersbedingte kognitive Veränderungen im Schlaf erklärt werden, die die Verarbeitung und Erinnerung von Träumen beeinflussen (Elce et al., 2025). Ein weiterer interessanter Befund war, dass Teilnehmer, die eine positive Einstellung gegenüber Träumen hatten und zum Tagträumen neigten, eine bessere Erinnerung an ihre nächtlichen Erlebnisse hatten. Dies legt nahe, dass eine generelle Offenheit gegenüber der Welt der Träume und ein höheres Maß an Achtsamkeit gegenüber den eigenen Gedanken und Vorstellungen während des Tages auch die Traumerinnerung verbessern können.
Ein weiterer wichtiger Faktor, der in der Studie berücksichtigt wurde, sind saisonale Schwankungen. Die Traumerinnerung war in den Wintermonaten generell verringert, was die Forscher darauf zurückführen, dass Umweltfaktoren wie die Tageslichtlänge und zirkadiane Rhythmen eine Rolle spielen könnten. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass Menschen im Winter tendenziell mehr Schlaf benötigen und dass die innere Uhr – der zirkadiane Rhythmus – das Schlafverhalten und damit auch die Traumwahrnehmung beeinflussen könnte. Träume sind offenbar weit mehr sind als nur flüchtige, unbedeutende Phänomene. Sie könnten tiefergehende Einsichten in die psychische und physiologische Verfassung des Menschen bieten und eine Rolle in der Diagnose und Behandlung von Schlafstörungen und anderen psychischen Erkrankungen spielen, wobei die Erinnerung an Träume von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird, einschließlich der individuellen Schlafqualität, der persönlichen Einstellung gegenüber Träumen, des Alters und saisonaler Schwankungen.
Literatur
Elce, V., Bergamo, D., Bontempi, G., Pedreschi, B., Bellesi, M., Handjaras, G. & Bernardi, G. (2025). The individual determinants of morning dream recall. Communications Psychology, 3, 25, doi:10.1038/s44271-025-00191-z
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