Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass eine bestimmte Gehirnregion, der Colliculus inferior, sowohl auf akustische als auch auf hochfrequente taktile Reize reagiert (Huey et al., 2024). Diese Doppelfunktion könnte erklären, warum Gehörlose oft ein besonders feines Gespür für Vibrationen entwickeln. Die Studie untersuchte die Gehirnaktivität von Mäusen bei verschiedenen akustischen und taktilen Stimuli. Es wurde festgestellt, dass der laterale Cortex des inferioren Colliculus (LCIC) sowohl auf Geräusche als auch auf Hautvibrationen ab einer bestimmten Frequenz reagiert. Besonders interessant war, dass die gleichzeitige Stimulation durch Geräusche und Vibrationen zu einer verstärkten Reaktion im LCIC führt. Dies könnte erklären, warum Menschen wie Beethoven trotz Taubheit weiterhin Musik „hören“ konnten, indem sie die Vibrationen der Instrumente spürten. Wenn also auditive und mechanische Schwingungssignale in dieser Gehirnregion zusammenlaufen, verstärken sie die sensorische Erfahrung und machen sie deutlicher, indem Neuronen im Colliculus inferior stärker auf kombinierte taktil-auditive Stimulation reagierten als auf eines von ihnen allein. Diese Erkenntnisse könnten zur Entwicklung neuer Hörhilfen führen, die den Tastsinn zusätzlich nutzen. Zudem geben sie Einblicke in die evolutionäre Entwicklung dieser Fähigkeit, die möglicherweise der besseren Wahrnehmung von Umweltveränderungen und Gefahren diente.
Literatur
Huey, E. L., Turecek, J., Delisle, M. M., Mazor, O., Romero, G. E., Dua, M., Sarafis, Z. K., Hobble, A., Booth, K. T., Goodrich, L. V., Corey, D. P. & Ginty, D. D. (2024). The auditory midbrain mediates tactile vibration sensing, Cell., doi10.1016/j.cell.2024.11.014.
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