Zum Inhalt springen

Auch Fledermäuse haben ein episodisches Gedächtnis

Im Rahmen einer Studie der Universität Tel Aviv untersuchten Forscher die kognitiven Fähigkeiten der ägyptischen Fruchtfledermäuse, um zu überprüfen, ob solche Fähigkeiten wirklich einzigartig für den Menschen sind. Mithilfe von GPS-Trackern verfolgten sie die Bewegungen der Fledermäuse und entdeckten, dass diese Tiere in der Lage sind, sich an die Position und Reife von Obstbäumen zu erinnern, was auf Planungsfähigkeiten und episodisches Gedächtnis hindeutet. Harten et al. (2024) untersuchten nun, ob Tiere komplexe kognitive Fähigkeiten wie episodisches Gedächtnis, mentale Zeitreisen und verzögerte Belohnung besitzen.

Um diese Fähigkeiten bei freilebenden Fledermäusen zu testen, entwickelten die Wissenschaftler ein innovatives Experiment. Sie vermuteten, dass Fledermäuse, die auf Obstbäume zum Überleben angewiesen sind, die Fähigkeit entwickelt haben, die Verfügbarkeit von Nahrung sowohl räumlich als auch zeitlich zu verfolgen. Mithilfe kleiner, hochauflösender GPS-Geräte, die an jeder Fledermaus befestigt wurden, dokumentierten sie über mehrere Monate die Flugrouten und besuchten Bäume. Die eingehende Analyse der gesammelten Daten lieferte überraschende Ergebnisse in Bezug auf Zeitwahrnehmung und Verhalten.

Man hatte sich zunächst gefragt, ob Fledermäuse eine zeitliche Vorstellung in ihrem Kopf haben. Um das herauszufinden, hat man die Tiere daran gehindert, ihre Kolonie für eine gewisse Zeit zu verlassen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Fledermäuse nach einem Tag Gefangenschaft zu den Bäumen zurückkehrten, die sie zuvor besucht hatten. Nach einer Woche mieden jedoch nur die älteren Fledermäuse die Bäume ohne Früchte, was darauf hinweist, dass sie die Zeit seit ihrem letzten Besuch genau einschätzen können. Darüber hinaus wurde beobachtet, dass diese Tiere ihre Flüge im Voraus planen, denn sie fliegen direkt zu bestimmten, bekannten Bäumen, was auf eine vorgeplante Route hinweist, bevor sie die Kolonie verlassen. Diese Erkenntnisse zeigen, dass Fledermäuse ihre Ausflüge im Voraus organisieren und genau wissen, wohin sie fliegen wollen und nach welcher Art von Nahrung sie suchen.

Neueste Erkenntnisse zeigen, dass auch andere Lebewesen komplexe Entscheidungsprozesse besitzen, die auf drei grundlegenden Fragen basieren: Wo befindet sich der Baum? Wann trägt er Früchte? Welche Nahrung bietet er an? Diese Forschung verdeutlicht, dass die Grenze zwischen menschlicher und tierischer Kognition nicht scharf, sondern eher fließend entlang eines kontinuierlichen Spektrums verläuft.

Literatur

Harten, Lee, Chen, Xing, de Marcas, Lior, Rachum, Adi, Handel, Michal, Goldshtein, Aya, Levi, Maya Fenigstein, Rosencwaig, Shira & Yovel, Yossi (2024). Time-mapping and future-oriented behavior in free-ranging wild fruit bats. Current Biology, 34, doi:10.1016/j.cub.2024.05.046.


Nachricht ::: Stangls Bemerkungen ::: Stangls Notizen ::: Impressum
Datenschutzerklärung ::: © Werner Stangl :::





Schreibe einen Kommentar