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Warum Angst so ansteckend ist

Angst ist ein uraltes, tief verwurzeltes Verhaltensmuster, das fest in unseren neuronalen Schaltkreisen verankert ist. Unabhängig von kulturellen Unterschieden zeigen Menschen die gleichen Schreckensreaktionen, egal wovor sie sich fürchten. Ob es Spinnen, enge Räume oder andere Bedrohungen sind – die körperlichen Reaktionen wie die Ausschüttung von Stresshormonen, die Beschleunigung des Herzschlags und das Aufreißen der Augen sind universal und werden von der Amygdala, dem emotionalen Zentrum im limbischen System des Gehirns, gesteuert. Doch was genau uns Angst einjagt, lernen wir vor allem von unseren Mitmenschen.

In Experimenten konnte man diesen Prozess genauer untersuchen: Probanden beobachteten, wie eine andere Person auf einem Bildschirm Gesichter von Personen ansah. Wurde das Gesicht einer Person dabei mit einem leichten Stromschlag kombiniert, entwickelte die beobachtete Person im Laufe des Versuchs Angst vor genau diesem Gesicht. Interessanterweise empfanden die eigentlichen Testpersonen dann auch selbst Angst vor diesem Gesicht, obwohl sie selbst keinen Stromschlag erhalten hatten. Allein die Beobachtung, wie Angst bei einer anderen Person induziert wurde, reichte also aus, um diese Angst zu übernehmen.

Dies zeigt, wie tief verwurzelt und sozial ansteckend Angstreaktionen sind. Unsere Emotionen werden maßgeblich durch die Beobachtung und Übernahme von Gefühlen anderer Menschen geprägt. Dieses Phänomen hat seine evolutionären Wurzeln – in Urzeiten war es überlebenswichtig, die Angstreaktionen der Gruppe zu teilen, um gemeinsam Gefahren erkennen und darauf reagieren zu können.

Allerdings kann diese Tendenz zur Übernahme von Ängsten aus der Vergangenheit auch problematisch sein. Oft sind es alte, überholte Denkmuster, die unser Selbstbewusstsein und unsere Entschlusskraft schwächen. Wenn wir jedoch lernen, uns von solchen irrationalen Ängsten zu distanzieren und stattdessen positive Verhaltensweisen in der Gruppe zu beobachten, können wir unsere Angstneigung durchbrechen und selbstbewusster durchs Leben gehen.

Literatur

Golkar, A. & Olsson, A. (2016). Immunization against social fear learning. J Exp Psychol Gen, 145, 665–671.


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