Während des natürlichen Sehvorgangs nehmen Menschen im Normalfall immer ein stabiles Bild wahr, obwohl sich die Augen bei der Suche nach neuen Eindrücken ständig hin und her bewegen und dabei ein verwackeltes Bild auf die Netzhaut werfen. Diese enthält aber schon eine Form von Bildstabilisator, die dem übrigen Gehirn ein ruhiges Bild präsentiert. Bisher gab es zwei konkurrierende Hypothesen für dieses verwacklungsfreie Sehen: Nach der ersten sollte die Unterdrückung der Wackelbewegungen von den Motorsignalen ausgehen, die auch die Bewegung der Augen auslösen, nach der zweiten sollte die Unterdrückung rein visuell bedingt sein und von der Bildfolge auf der Netzhaut verursacht werden, was dann bedeutet, dass sich die verwackelten Bilder selbst korrigieren.
Idrees et al. (2020) haben nun in einem Experiment die zweite Hypothese bestätigt, wobei aber auch motorische Signale bei der Bildstabilisation eine Rolle spielen. Man präsentierte Probanden hochaufgelöste, computergenerierte Aufnahmen von groben und feinen Oberflächen und blendeten kurze Lichtblitze unterschiedlicher Stärke ein, während die Probanden ihre Augen bewegten, wobei ab einer bestimmten Schwäche der Lichtblitze diese nicht mehr wahrgenommen wurden. Es zeigte sich, dass die messbare ultrakurze Blindheit von der angezeigten Textur abhing, denn bei einer groben Textur war die Unterdrückung stärker, setzte früher ein und dauerte länger als bei einer feinen Textur. Dass die Stärke und die Länge der Unterdrückung von den abgebildeten Texturen abhängig waren, kann nur bedeuten, dass der Auslöser visueller Natur sein muss. Auch ließ sich nachweisen, dass das Sehsignal bereits unterdrückt ist, wenn es das Auge verlässt, d. h., die Netzhaut trägt also direkt zu einem stabilen Seheindruck bei, d. h., sie erkennt, dass die Welt vorbeirauscht und reguliert die Empfindlichkeit für kurze Zeit herunter. Wir schließen daraus, dass das Bewegungssignal einen Unterschied bei der Dauer der sakkadischen Unterdrückung macht, d. h., das Bewegungssignal ist also noch relevant.
Literatur
Idrees, S., Baumann, M. P., Franke, F., Münch, T. A., & Hafed, Z. M. (2020). Perceptual saccadic suppression starts in the retina. Nature Communications, 11, doi:10.1038/s41467-020-15890-w.
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