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Implizites und explizites Denksystem bei Kaufentscheidungen

Bei Entscheidungen nutzt das Gehirn zwei unterschiedliche Denksysteme, die Informationen komplett unterschiedlich verarbeiten: Auf der einen Seite verarbeitet das implizite System intuitiv, unbewusst und blitzschnell alle einströmenden Informationen wie etwa sämtliche von Marken gesendeten Signale inklusive Werbung, das explizite System arbeitet hingegen langsam, kontrolliert und bewusst.

Man schätzt, dass bis zu 95 Prozent des menschlichen Verhaltens implizit gesteuert wird und damit auch die Entscheidungen, die Menschen etwa bei einem Kauf im Supermarkt treffen. Insbesondere wenn man mit sehr vielen bzw. komplexen Informationen konfrontiert wird, unter Zeitdruck steht oder eher wenig involviert ist, übernimmt das implizite System das Steuer und hat somit einen wesentlichen Einfluss auf das Verhalten.

Dabei verfolgt dieses implizite System funktionale und psychologische Ziele und Motivationen, d. h., für das Gehirn geht es dabei um Belohnung und Bestrafung. Wenn solche Motivationen befriedigt werden, wird jener Teil des Gehirns aktiviert, der mit Belohnung verbunden ist. Wenn man für ein Produkt bezahlt, aktiviert das hingegen den Teil des Gehirns, der mit Bestrafung assoziiert ist. Letztlich heißt das, dass etwa der Verbraucher während der impliziten Bewertung nach der Option mit der höchsten Zufriedenheit sucht, die wiederum die relevanteste Kaufmotivation gegenüber dem zu zahlenden Preis darstellt.

Das implizite System wird insbesondere durch Farben, Symbole, Aromen etc. aktiviert, sodass etwa Sinnesreize wie Verpackungen, Formen, Bilder implizit innerhalb von Millisekunden verarbeitet werden. Das heißt, dass etwa Marken mit starker visueller Identität implizit stärker wahrgenommen werden.

Entscheidungen werden im Gehirn übrigens nicht in einer einzigen Region gefällt, sondern entstehen gleichzeitig in einem dichten Netzwerk sogenannter Assoziationsbereiche des Frontal– und Parietallappens, von denen die neuronalen Entscheidungssignale sowohl an motorische Regionen zur Steuerung der Bewegungshandlung weitergeleitet werden, als auch an sensorische Regionen, wo die Sinnesreize zuerst verarbeitet werden, die der Entscheidung zugrunde liegen. Die getroffene Entscheidung wird also auch an jene Hirnregionen zurückgemeldet, aus denen die sensorische Information stammte, wobei in diesem Netzwerk auch der Kontext der Entscheidungssituation verarbeitet wird, denn während einer Entscheidung werden Kontextsignale an verschiedene andere motorische und sensorische Hirnregionen gesendet. Selbst einfachen Handlungsentscheidungen liegt ein komplexes Wechselspiel zwischen weit verteilten Hirnregionen zugrunde. Das Gehirn berücksichtigt dabei die Art des Reizes, gleicht diesen mit dem Kontext ab, tauscht Informationen aus und leitet schließlich die passende Reaktion ein, die sich für für die Menschen dann ganz sebstverständlich erscheint (Siegel et al., 2015).

Literatur

Siegel, M., Buschman, T. J. & Miller, E. K. (2015). Cortical information flow during flexible sensorimotor decisions. Science, 348, 1352-1355.
Stangl, W. (2019). Psychologie der Entscheidung. Werner Stangls Psychologie News.
WWW: https://psychologie-news.stangl.eu/764/psychologie-der-entscheidung (2019-09-13)
https://www.marktforschung.de/aktuelles/interviews/marktforschung/wenn-sie-unbewusste-motivationen-und-assoziationen-nicht-kennen-koennen-sie-die-kaufentscheidung-nicht-beeinflussen/ (19-09-13)

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