Dem Autor der Arbeitsblätter wurden für einen Zeitschriftenbeitrag einige Fragen zum Thema Internetsucht bei Kindern und Jugendlichen gestellt, die ergänzend zu den eigenen Webseiten zur Thematik hier wiedergegeben werden sollen, da sie einige zentrale Fragen von Eltern betreffen.
Welche Anzeichen sollten Eltern aufmerksam werden lassen, wenn es um den Internetkonsum des Kindes/Teenagers geht?
Eine absolute Grenze zwischen gesundem und ungesundem Internetkonsum lässt sich schwer ziehen, doch geht man davon aus, dass zwei Stunden pro Tag guter Durchschnitt und noch üblich sind. Häufig entwickelt sich der Internetkonsum schleichend, denn das Netz wird immer ein wenig länger genutzt und gewinnt immer mehr Bedeutung für das tägliche Leben eines Jugendlichen, wobei irgendwann der Gedanke, einige Zeit nicht ins Internet zu können oder am Online-Spiel teilzunehmen zu dürfen, für Unruhe und Ängste sorgt. Intensives Surfen ist allein noch kein Anzeichen für eine drohende Sucht, doch wenn ein Jugendlicher unruhig, nervös, reizbar oder aggressiv wird, sollte man wachsam sein. Ein Zeichen ist ständige Müdigkeit und nachlassende Leistungen in der Schule, insbesondere in eigentlich starken Fächern. Häufig ziehen sich die Jugendlichen auch von Freunden und Klassenkameraden zurück oder streiten sich auffällig häufig. Eltern können die Internetsucht bei Mädchen an den gleichen Anzeichen erkennen wie bei männlichen Jugendlichen, zum einem am Kontrollverlust, d.h., die Jugendlichen können nicht mehr kontrollieren, wie lange sie im Internet bleiben. Zweites Merkmal ist die Toleranzentwicklung, d.h., Mädchen tolerieren bewusst, dass sie wegen ihres Verhaltens Probleme mit den Eltern bekommen oder schlechtere Noten in der Schule.
Kleiner Fragebogen für Eltern zur Internetsucht: http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/SUCHT/InternetsuchtTest.shtml
Wie gehen Eltern richtig vor, wenn sie erste Anzeichen erkennen?
Wie bekommen Sie das Kind / den Teenager, das vielleicht noch nicht süchtig im engeren Sinne ist, weg vom Internet? Vor allem die Teenager, die sich oft gegen die Ratschläge der Eltern sträuben.
Es ist in der Tat ein Problem, gerade bei Jugendlichen die richtige Ansprache zu finden. Wichtig für Eltern ist daher, das Internet bzw. die neuen Medien nicht generell zu verteufeln, sondern das Internet altersgemäß mit seinen Kindern schon früh gemeinsam zu entdecken und die Kinder zu begleiten, wobei man vor allem bei jüngeren Kindern klare Regeln festlegen und es auch immer Tage geben sollte, an denen der Computer nicht genützt wird. Wichtig ist bei solchen Regel natürlich, ausreichend andere Freizeitangebote zur Verfügung zu haben. Eltern sollten sich generell dafür interessieren, was das Kind am Computer und im Internet macht, sich zeigen lassen, was dem Kind gefällt und versuchen zu verstehen, was ein Kind daran begeistert, denn ein Kind, das sich verstanden fühlt, wird eher bereit sein, sich an Vereinbarungen zu halten bzw. eine Reglementierung zu verstehen. Wichtig ist auch die Hilfe bei negativen Erfahrungen, denn wenn Kinder oder Jugendliche mit verstörenden Bildern oder Erlebnissen wie Mobbing, Pornographie oder Gewalt im Internet konfrontiert werden, brauchen sie jemanden, der für sie da ist.
Wann, bei welchem Vehalten des Kindes sollte professionelle Hilfe geholt werden? Welche Hilfe ist hier professionell?
Wenn die Kinder einen subjektiven Zwang oder ein unwiderstehliches Verlangen spüren, bestimmten Online-Aktivitäten nachzugehen, also wenn die Kinder mehr Zeit im Internet verbringen, als sie sich selbst vorgenommen haben oder wenn Versuche, das Nutzungsausmaß zu reduzieren oder die Nutzung zu unterbrechen, erfolglos bleiben. Wenn im Laufe der Zeit immer mehr Online-Konsum stattfinden muss, um kurzfristig zufrieden zu sein, und Entzugserscheinungen wie Unwohlsein, Nervosität, Gereiztheit, Aggressivität oder Schlafprobleme auftreten. Wenn schulische oder berufliche Leistungen abfallen, Verlust des Ausbildungsplatzes oder der Lehrstelle, Vereinsamung, Konflikte in der Familie, finanzielle Schwierigkeiten.
Professionelle Hilfe
http://www.praevention.at/
https://www.gesundheit.gv.at/service/beratungsstellen/internet-sucht
Worauf sollen Eltern achten, wenn es darum geht, das Internet in das Leben des Kindes zu lassen?
Welche Umstände verringern das Risiko einer falschen, süchtig machenden Entwicklung?
Kinder und Jugendliche wachsen heute mit digitalen Medien auf, sodass eine alters- und entwicklungsgerechte Medienauswahl zu treffen für Eltern und Erziehende zunehmend schwieriger geworden ist, zumal ihnen Kinder in dieser Hinsicht auch meist voraus sind. Auch hat das Smartphone und das Tablet den Computer bei der Nutzung des Internet weitgehend ersetzt, wobei bei diesen Geräten die permanente „Verfügbarkeit“ hinzukommt. Experten raten, Geräte altersangemessen auswählen, d. h., ein eigenes Handy nicht vor dem 9. Lebensjahr, ein eigenes Smartphone und eigener Computer nicht vor dem 12. Lebensjahr. Allerdings sollte man sich als Eltern vor der Illusion hüten, dass Kinder dem Druck der Gleichaltrigen gelassen gegenüberstehen können. Besser als strikte Verbote sind daher klare Regeln und vor allem, das Gespräch mit den Kindern bzw. auch das echte Interesse an den Medienaktivitäten der Kinder. Kindersicherungen können zwar hilfreich sein, auch wenn Kinder heute leicht einen Weg finden, diese zu umgehen. In diesem Fall gilt, dass ein rechtzeitig aufgebautes Vertrauensverhältnis am besten ist. Dennoch einige von Experten empfohlene Faustregeln: 3- bis 6-Jährige sollten nicht länger als 30 Minuten täglich Medien konsumieren, 6- bis 10-Jährige nicht mehr als 45 Minuten und 10- bis 13-Jährige nicht länger als 60 Minuten täglich. Wenn Eltern schon Regeln vorgeben wie keine Mobiltelefone beim gemeinsamen Essen, über Nacht ausschalten oder bewusste Zeiten ohne Handy, dann müssen sie das auch vorleben.
Wissenschaftlerinnen der Pädagogischen Hochschule Heidelberg haben 2018 das Programm „Professioneller Umgang mit technischen Medien“ – PROTECT – entwickelt, das die Internet- und Computerspielabhängigkeit bei Jugendlichen signifikant reduzieren kann. Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler den funktionalen Umgang mit Alltagsproblemen und werden befähigt, technische Medien kritisch zu beurteilen. Das Ziel dieses Programms ist es, den schädlichen, exzessiven Umgang mit Online-Angeboten zu verringern, der sich dadurch auszeichnet, dass er trotz negativer Konsequenzen fortgeführt wird, dass er mit einer verminderten Kontrolle über das Spielen einhergeht und dass die Internetaktivität Vorrang vor allen anderen Interessen und alltäglichen Tätigkeiten hat.
Details dazu finden sich hier: Programm gegen Internetsucht: PROTECT.
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