Was unterscheidet Studienabbrecher von anderen Studierenden?
Wirtschaftliche Überlegungen spielen eine Rolle, weil die Studienzeit vor dem Abbruch eine verlorene Zeit ist und die betroffene Person währenddessen schon Geld verdienen hätte können. Außerdem ist es aus der Sicht der Universität eine Vergeudung der finanziellen Mittel. Es werden nämlich Lehrkapazitäten und Bildungsangebote genutzt, ohne dass die dabei erworbenen Kenntnisse später der Gesellschaft zur Verfügung stehen (vgl. Heublein, Spangenberg & Sommer, 2003; Ziegele, 1997).
Die wichtigsten Gründe für das Studieren allgemein
Zu den wichtigsten Gründen für das Studieren allgemein gehören das Interesse am Fach (70 % Absolventen, 50 % Abbrecher), die beruflichen Möglichkeiten (65 % Absolventen, 40 % Ab-brecher) und die persönliche Weiterentwicklung (63 % Absolventen, 61 % Abbrecher) (vgl. Bannert 1996, S. 67-68).
Die wichtigsten Gründe für die Wahl des Studienfaches
Die Wahl des Studienfaches wurde meist mit dem Interesse am Fach (75 % Absolventen, 59 % Abbrecher), mit den Berufsaussichten (37 % Absolventen, 23 % Abbrecher), der Notwendigkeit für den angestrebten Beruf (29 % Absolventen, 18 % Abbrecher) und mit der selbsteinge-schätzten Begabung (26 % Absolventen, 13 % Abbrecher) begründet (vgl. Bannert 1996, S. 73-74).
Studienabbruchprozess
Der Studienabbruchprozess wird in Bedingungsfaktoren und Motiven unterteilt. Es gibt äußere und innere Bedingungsfaktoren. Diese Faktoren können das Risiko eines Studienabbruchs erhöhen, wenn sie als studiengefährdet eingestuft werden und fließen in die Motive ein. Erst die Motive bewirken einen Studienabbruch. In die Entscheidung fließen mehrere Motive ein, wobei eines immer das Hauptmotiv zum Studienabbruch bildet (vgl. Heublein, Spangenberg & Sommer 2003, S. 5).
Innere (psychologische) Bedingungsfaktoren
Zu den inneren Bedingungsfaktoren zählen unter anderem die Konzentrations- und Lern-fähigkeiten, kommunikative Fähigkeiten (vgl. Heublein, Spangenberg & Sommer 2003, S. 7), die Motivation (z.B. Gold, 1988; Heublein et al., 2003; Lewin, Heublein, Sommer & Cordier, 1995) und die sozialen Kontakte (vgl. Heublein et al., 2003).
Äußere (soziodemografische u. institutionelle) Bedingungsfaktoren
Das Alter bei Studienbeginn, der Familienstand (vgl. Schröder & Daniel, 1998), die finanzielle und familiäre Lage sowie Krankheiten (z.B. Lewin et al., 1995), ein hohes Ausmaß an Erwerbstätigkeit (vgl. Brandstätter & Farthofer, 2003) sowie die Lehrqualität, Prüfungsmodalitäten, Lehrpläne und Beratungsangebote der Universität (vgl. Gold, 1999; Köster, 2002) werden zu den äußeren Bedingungsfaktoren gezählt.
Die wichtigsten Motivgruppen
Zu den wichtigsten Motivgruppen gehören die berufliche Neuorientierung, die finanziellen Problemlagen und die mangelnde Studienmotivation (vgl. Heublein, Spangenberg & Sommer 2003, S. 9).
Verminderung des Abbruchrisikos
Das Abbruchrisiko kann man mittels Studienberatung, Leistungs- und Fähigkeitstests und einer Reflektion der eigenen Motivation und der sozialen Integration minimieren. Weiters ist eine motivationsförderliche Gestaltung von Lehrveranstaltungen eine wichtige Prävention des Studienabbruchs (vgl. Schiefele, Streblow & Brinhkmann, 2007, S. 139).
Auswertungen an der JKU aus dem Jahr 1996
Strukturmerkmal Geschlecht
Es brachen 7 % mehr Frauen als Männer das Studium ab (vgl. Bannert 1996, S. 62).
Studienfach
Nach Bannert (1996, S. 63) gab es die meisten Abbrecher im Studienfach Soziologie. Die meisten Absolventen gab es in den Fächern Informatik und Wirtschaftsinformatik.
Art der Studienberechtigung
Der häufigste Zugang zur Studienberechtigung war die Matura der AHS. Studienabbrecher waren im Vergleich zu den Absolventen am häufigsten in der Kategorie sonstige Matura (wie Abendschule oder private Maturaschule) vertreten (vgl. Bannert 1996, S. 64).
Alter bei der ersten Inskription
Die meisten, die ihr Studium abgeschlossen hatten, inskripierten sich an der Uni im Alter zwischen 18 und 19 Jahren. Je älter Studenten bei der Erstinskription waren, desto eher wurde ein Studium abgebrochen (vgl. Bannert 1996, S.65)
Geldquelle
Die häufigste Finanzierungsquelle während des Studiums war bei Abbrechern die eigene Berufstätigkeit und bei Absolventen die Eltern (vgl. Bannert 1996, S. 77).
Wohnsituation
Wie Bannert (1996, S. 80) feststellte, gab es keinen Unterschied zwischen Abschluss und Abbruch bei Studenten, die bei ihren Eltern wohnten. Im Heim wohnten 31 % der Absolventen und 11 % der Abbrecher. Eine eigene Wohnung hatten 40 % der Abbrecher und 24 % der Absolventen.
Berufstätigkeit
43 % der Abbrecher und nur 19 % der Absolventen waren während dem Studium vollzeitbeschäftigt. Die meisten Absolventen gab es bei Studenten, die kaum berufstätig waren (vgl. Bannert 1996, S. 81).
Unterschied zwischen Frühabbrecher und Spätabbrecher
Frühabbrecher brachen ihr Studium wegen fehlender Motivation ab. Spätabbrecher brachen meist wegen finanzieller Engpässe oder aus beruflichen Gründen ihr Studium ab (vgl. Schindler, 1999; Heublein et al., 2003).
Verwendete Literatur
Schiefele, U., Streblow, L., Brinkmann, J. (2007). Aussteigen oder Durchhalten. Was unterscheidet Studienabbrecher von anderen Studierenden? Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 39, 127-140.
Bannert, E. (1996). Erfolgreicher Studienabschluss und Studienabbruch: Vergleichsuntersuchung bei Absolvent/inn/en der Universität Linz im Zeitraum von 1982 bis 1994. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Johannes Kepler Universität Linz.
Heublein, U., Spangenberg, H., Sommer, D. (2003). Ursachen des Studienabbruchs Analyse 2002. Hannover: HIS GmbH
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