Studien haben gezeigt, dass positives Denken alleine den Menschen nicht so viel weiterhilft, wie sie vielleicht manchmal glauben. Zwar kann man sich mit positivem Denken auch in schwierigen Situationen ein Gefühl der Zufriedenheit verschaffen und so in ausweglosen Situationen länger ausharren, durchhalten und wieder Hoffnung schöpfen, doch mit positiven Träumen und Wünschen allein kann man aber viele Situationen nicht bewältigen, in denen Handeln gefragt ist, um ein herausforderndes Ziel zuerreichen. Mit positivem Denken allerin wird man in der Regel nicht die notwendige Energie aufbringen können, um dann auftauchende Hindernisse aus dem Weg zu räumen.
Gabriele Oettingen, Professorin für Psychologie an der Universität Hamburg, forscht seit vielen Jahren dazu, wie aus Motivation Handlungen werden, wie man es etwa schafft, abzunehmen oder mit dem Rauchen aufzuhören. Es geht dabei darum, eine Strategie zu entwickeln, die Menschen hilft, ihre Ziele zu verwirklichen, wobei dieser Ansatz auf Erkenntnissen basiert, die in experimentellen Studien gewonnen wurden. Diese zeigen, dass diese Methode zum Beispiel helfen kann, sich die Zeit besser einzuteilen oder besser in der Schule zu werden. Man hat auch entdeckt, dass alleiniges positives Denken problematisch ist für das Erfüllen von Wünschen, denn wer sich seine Zukunft allzu schön ausmalt, lehnt sich eher zurück, als seine Ziele zu verfolgen.
Nach Gollwitzer – dem Begründer der Wenn-Dann-Pläne, einer Selbsthilfe-Strategie zur Zielverwirklichung – ist ein Ziel noch lange kein Plan, denn entscheidend ist, dass man nicht nur das erwünschte Ergebnis festlegt, sondern auch einen Plan macht, wie sich dieses Ergebnis erreichen lässt. Menschen, die etwas in ihrem Leben ändern wollen, bleiben aber meist beim bloßen Zielsetzen stehen, sodass es sich empfiehlt, einen Plan zu machen, wann, wo und auf welche Art das Ziel erreicht werden soll, und zwar nach dem Schema: “Wenn Situation X eintritt, führe ich Verhalten Y aus.” Durch diese Verknüpfung wird das zielgerichtete Verhalten automatisch ausgelöst und erfordert weniger Selbstkontrolle. Die kritische Situation im Wenn-Teil muss aber nicht durch einen Zeitpunkt oder einen Ort gekennzeichnet sein, es kann sich auch um einen inneren Zustand handeln wie “Wenn ich wütend werde, atme ich tief durch und zähle bis zehn.” Wenn-Dann-Pläne haben sich in vielen Bereichen als effektiv erwiesen, denn so nahmen übergewichtige Frauen mit einem Programm doppelt so viel ab, wenn sie zusätzlich Wenn-Dann-Pläne zu ihrem Ess- und Sportverhalten anfertigten. Vergleichbar gute Effekte hat die Methode auch auf das Rauchen, die Verhütung, die Einnahme von Medikamenten und die Wahrnehmung von Vorsorge-Untersuchungen.
Psychologen haben daher im Rahmen der positiven Psychologie einen vierstufigen Ansatz entwickelt, mit denen man seine Ziele erreichen kann: Wish, Outcome, Obstacle, Plan – WOOP. In der Forschung wird WOOP auch unter dem wissenschaftlichen Fachbegriff Mentales Kontrastieren mit Implementierungs-Intentionen untersucht, abgekürzt MCII.
Diese Methode ist an Menschen in Gesundheitsberufen, Schülern und Studenten getestet worden und stößt demnach Prozesse an, zu denen man direkt keinen bewussten Zugang hat, die aber das Verhalten verändern. Das Erfolgsgeheimnis dieser Motivationsstrategie ist das mental contrasting, also das Vorstellen der Hindernisse auf dem Weg zu seinem Ziel, denn das liefert die notwendige Energie. Dazu sucht man sich einen Ort, an dem man ungestört ist und schließt die Augen. Dann überlegt man sich seinen Wunsch, der erreichbar oder realistisch erscheint. Danach malt man sich ein paar Minuten lang aus, was passieren würde, wenn dieser Wunsch in Erfüllung ginge. Dabei lässt man diese Bilder frei und ungehindert an seinem inneren Auge vorüberziehen. Dann verändert man dieses geistige Szenario und stellt sich jetzt das größte Hindernis vor, das bei der Erreichung dieses Ziels im Weg steht, und stellt sich dieses Hindernis ebenfalls einige Zeit lang vor. Im nächsten Schritt, dem Plan, schließlich sucht man die wirksamen Maßnahmen, die Hindernisse zu bewältigen, um sein Ziel zu erreichen. Diese Methode hilft auch dabei, bei seinen Wünschen zu unterscheiden, was man wirklich will, wo man sich tatsächlich mit aller Energie engagieren möchte, und wo man sich besser zurückzieht und keine Energie darauf verschwendet.
*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Nach Gabriele Oettingen ist WOOP wie ein Schweizer Taschenmesser, denn die Methode sei vielseitig verwendbar und habe viele Funktionen. So könne sie helfen, Wünsche zu erkennen und zu erfüllen: Die positiven Zukunftsgedanken geben dem Handeln die Richtung; die Hindernisse in einem selbst spornen an, diese zu überwinden. Die WOOP-Methode hilft außerdem, Prioritäten zu setzen und sich klarzumachen, was man wirklich will und welche Ziele man hat. Wer sich intensiv mit einem Wunsch beschäftigt, stellt vielleicht fest, dass er einem doch nicht so wichtig ist. Die WOOP-Methode macht manchmal aber auch bewusst, dass das Hindernis zu groß ist. Dann hilft sie, Wünsche loszulassen. Ohne dass Menschen es merken, wird ihre Zukunft mit dem Hindernis verbunden und das Hindernis mit dem Verhalten zur Überwindung des Hindernisses. Diese Prozesse sind nicht bewusst und steuern dann das Verhalten. Die WOOP-Methode helfe auch, im eigenen Umfeld Hindernisse zu erkennen, wiederum ohne dass wir das merken. Sie funktioniere am besten mit Wünschen, die einem wirklich am Herzen liegen, für die man brennt.
Generell ist die WOOP-Methode für alle Menschen geeignet, die vor einer Herausforderung stehen oder mit schwierigen Veränderungen klar kommen müssen, aber auch für diejenigen, denen es gerade gut geht, die aber ihr Leben noch weiter verbessern wollen. Die Methode ist wissenschaftlich geprüft, in kurzer Zeit zu erlernen, gut auf kurzfristige und langfristige Wünsche anzuwenden und soll bewirken, dass man energetischer und zielgerichteter handelt. Sie hilft zudem bei der Selbstmotivation.
Laut Gabriele Oettingen ist es wichtig, die Reihenfolge der Schritte einzuhalten: Wenn man sich zuerst das Hindernis vorstellt und dann das Ergebnis, dann funktioniert die Methode schon nicht mehr. Um WOOP erfolgreich anzuwenden, sollte man die Technik außerdem mit verschiedenen Wünschen üben – das können private oder berufliche Wünsche sein. Zum Beispiel der Wunsch, sich gesünder zu ernähren, wichtige Telefonate nicht immer aufzuschieben oder mehr Aufgaben an Mitarbeiter zu delegieren.
Stimmungstracker
Seit einiger Zeit werden im Zusammenhang mit der Positiven Psychologie Stimmungstracker angeboten, mit deren Hilfe man sein Wohlbefinden erfassen kann. Es gibt diese als Apps, die über Fragebögen den aktuellen Gemütszustand der NutzerInnen abfragen, aber auch in Form von Apps oder von am Körper getragenen Geräten, die versuchen, über körperliche Signale wie die Pulsrate Rückschlüsse auf den emotionalen Zustand zu ziehen. Nach Ansicht von ExpertInnen haben beide Varianten ihre Schwächen, denn misst eine App körperliche Aspekte wie etwa die Pulsrate, kann diese für ganz unterschiedliche Gefühle stehen, d. h., ein hoher Puls kann für Angst stehen, wenn das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird, doch ein hoher Puls kann auch freudige Erregung bedeuten. Nicht alle Menschen sind gut darin, unterschiedliche emotionale Zustände zu unterscheiden und diese in Worte zu fassen, wobei Apps, die per Selbstauskunft die Zufriedenheit erfassen, vor allem damit kämpfen, unterschiedliche emotionale Zustände überhaupt zu unterscheiden. Auch geben solche Apps in der Regel nur sehr einfache Kategorien für Emotionen zur Auswahl vor, d. h., die NutzerInnen sollen sich etwa entscheiden, ob sie Angst, Stress oder Gelassenheit verspüren. Oft handelt es sich dabei aber nur um Grundemotionen, die den verschiedenen Gefühlsschattierungen nicht gerecht werden. Darüber hinaus verhindert eine solche Vorgabe von einfachen Emotionen bei manchen Menschen, in sich zu gehen und über ihre Gefühle zu reflektieren Wolf, 2020).
Literatur
Duckworth, A. L., Kirby, T. A., Gollwitzer, A., & Oettingen, G. (2013). From fantasy to action: mental contrasting with implementation intentions (MCII) improves academic performance in children. Social Psychological and Personality Science, 4(6), 745-753.
Gollwitzer, A., Oettingen, G., Kirby, T., Duckworth, A., & Mayer, D. (2011). Mental contrasting facilitates academic performance in school children. Motivation and Emotion, 35, 403-412.
Oettingen, G. (2014). Rethinking positive thinking: inside the new science of motivation. New York: Penguin Random House.
Wolf, C. (2020). Stimmungstracker: Lässt sich das eigene Glück wirklich messen?
Redaktionsnetzwerk Deutschland von 2. Mai 2020.
https://www.badische-zeitung.de/der-wille-ist-es-nicht-allein–180850944.html (19-12-27)
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