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Vom Guten, vom Bösen und von der Dummheit

Das Ärgerlichste in dieser Welt ist,
dass die Dummen todsicher
und die Intelligenten so voller Zweifel sind.
Bertrand Russel

Ein Kluger bemerkt alles,
ein Dummer macht über alles eine Bemerkung.
Heinrich Heine

Man sollte keine Dummheit zweimal begehen,
die Auswahl ist schließlich groß genug.
Jean-Paul Sartre

Dummheit stellt sich in die erste Reihe,
um gesehen zu werden.
Der Verstand stellt sich zurück,
um zu sehen.
Carmen Sylva (Prinzessin Elisabeth Pauline Ottilie Luise zu Wied)

Auf die bösen Menschen ist Verlass,
die ändern sich nicht.
William Faulkner

Viele Menschen sind zu gut erzogen,
um mit vollem Mund zu sprechen,
aber sie haben keine Scheu,
es mit leerem Kopf zu tun.
Orson Welles

Die Dummheit ist die sonderbarste aller Krankheiten.
Der Kranke leidet niemals unter ihr.
Nicolas Chamfort

 

*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer behauptete, dass der Feind des Gute nicht das Böse wäre, sondern vielmehr die Dummheit. Er schrieb daher unter dem Titel „Von der Dummheit“ (1985, S. 14 f.):

Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit. Gegen das Böse lässt sich protestieren, es lässt sich bloßstellen, es lässt sich notfalls mit Gewalt verhindern. Das Böse trägt immer den Keim der Selbstzersetzung in sich, in dem es mindestens ein Unbehagen im Menschen zurücklässt.
Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch durch Gewalt lässt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht; Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden – in solchen Fällen wird der Dumme sogar kritisch -, und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als nichtssagende Einzelfälle beiseite geschoben werden.
Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst zufrieden, ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum Angriff übergeht: Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen. Niemals werden wir mehr versuchen, den Dummen durch Gründe zu überzeugen; es ist sinnlos und gefährlich.
Um zu wissen, wie wir der Dummheit beikommen können, müssen wir ihr Wesen zu verstehen suchen. So viel ist sicher, dass sie nicht wesentlich ein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt ist. Es gibt intellektuell außerordentlich bewegliche Menschen, die dumm sind, und intellektuell sehr Schwerfällige, die alles andere als dumm sind.
Diese Entdeckung machen wir zu unserer Überraschung anlässlich bestimmter Situationen. Dabei gewinnt man weniger den Eindruck, dass die Dummheit ein angeborener Defekt ist als dass unter bestimmten Umständen die Menschen dumm gemacht werden, bzw. sich dumm machen lassen. Wir beobachten weiterhin, dass abgeschlossen und einsam lebende Menschen diesen Defekt seltener zeigen als zur Gesellung neigende oder verurteilte Menschen und Menschengruppen.
So scheint die Dummheit vielleicht weniger ein psychologisches als ein soziologisches Problem zu sein. Sie ist eine besondere Form der Einwirkung geschichtlicher Umstände auf den Menschen, eine psychologische Begleiterscheinung bestimmter äußerer Verhältnisse. Bei genauerem Zusehen zeigt sich, dass jede starke äußere Machtentfaltung, sei sie politischer oder religiöser Art, großen Teil der Menschen mit Dummheit schlägt.
Ja, es hat den Anschein, als sei das geradezu ein soziologisch-psychologisches Gesetz. Die Macht der einen braucht die Dummheit der anderen. Der Vorgang ist dabei nicht der, dass bestimmte – also etwa intellektuelle – Anlagen des Menschen plötzlich verkümmern oder ausfallen, sondern dass unter dem überwältigenden Eindruck der Machtentfaltung dem Menschen seine innere Selbständigkeit geraubt wird und dass dieser nun – mehr oder weniger unbewusst – darauf verzichtet, zu den sich ergebenden Lebenslagen ein eigenes Verhalten zu finden.
Dass der Dumme oft bockig ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen. dass er nicht selbständig ist. Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm, dass man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat.
Er ist in einem Banne, er ist verblendet, er ist in seinem eigenen Wesen missbraucht, misshandelt. So zum willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem Bösen fähig sein und zugleich unfähig dies als Böses zu erkennen, Hier liegt die Gefahr eines diabolischen Missbrauchs. Dadurch werden Menschen für immer zugrunde gerichtet werden können.
Aber es ist gerade hier auch ganz deutlich, dass auch ein Akt der Belehrung, sondern allein ein Akt der Befreiung die Dummheit überwinden könnte. Dabei wird man sich damit abfinden müssen, dass eine echte innere Befähigung in den allermeisten Fällen erst möglich wird, nachdem die äußere Befreiung vorangegangen ist; bis dahin werden wir auf alle Versuche, den Dummen zu überzeugen, verzichten müssen.
In dieser Sachlage wird es übrigens auch begründet sein, dass wir uns unter Umständen vergeblich darum bemühen, zu wissen, was »das Volk« eigentlich denkt, und warum diese Frage für den verantwortlich Denkenden und Handelnden zugleich so überdrüssig ist -immer nur unter den gegebenen Umständen. Das Wort der Bibel, dass die Furcht Gottes der Anfang der Weisheit sei (Psalm 111, 10), sagt, dass die innere Befreiung des Menschen zum verantwortlichen Leben vor Gott die einzige wirkliche Überwindung der Dummheit ist.
Übrigens haben diese Gedanken über die Dummheit doch dies Tröstliche für sich, dass sie ganz und gar nicht zulassen, die Mehrzahl der Menschen unter allen Umständen für dumm zu halten. Es wird wirklich darauf ankommen, ob Machthaber sich mehr von der Dummheit oder von der inneren Selbständigkeit und Klugheit der Menschen versprechen.


Dummheit ist nach Ansicht der Psychiaterin Heidi Kastner weniger eine Persönlichkeitseigenschaft als ein Verhalten, das sich in bestimmten Handlungen manifestiert, wobei bei manchen Menschen dumme Handlungen häufiger vorkommen als bei anderen. Dummheit kann auf einer situativ veränderbaren Haltung beruhen, sodass man eher dem Gefühlten als dem Erkennbaren nachgeht, Entscheidungen ohne ausreichende Informationen als Entscheidungsgrundlage trifft. Dummheit ist vor allem dann sehr nahe, wenn man eher den eigenen Emotionen nachrennt, als auf Fakten zu hören, denn Fakten können manchmal unbequem sein und das ist unattraktiv. Daher bleibt man dann lieber beim Gefühlten und ignoriert die Fakten.

Dummheit in einem fortgeschritteneren Stadium zeigt sich darin, wenn man das langfristige Schädigungspotenzial für sich oder andere nicht bedenkt oder ausblendet, wenn man generell allen Fakten misstraut. In diesem Fall wirdes doch schon eher eine Persönlichkeitseigenschaft. Es ist ein Verhalten, das prinzipiell sehr viel Schädigungspotenzial beinhaltet und das man immer wieder antrifft und immer wieder zu Erstaunen führt.

Dummheit hat nach Meinung von Kastner nicht zugenommen, sie ist ein stabiler und beachtenswerter Bestandteil der Conditio Humana, und man sollte immer mit ihr rechnen. Allerdings hat die Dummheit aufgehört, sich zu schämen, sondern es ist salonfähig geworden, dumme Positionen lauthals herauszuschreien, wobei man sich nicht zuletzt auf Grund der neuen Medien ziemlich sicher sein kann, dass man für jede noch so unsägliche Position irgendwelche Mitstreiter findet. In der Gruppe ist man dann stark und hat auf jeden Fall recht, denn wenn viele glauben, was ich glaube, kann man ja nicht falsch liegen.

Literatur

Bonhoeffer, Dietrich (1985). Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft. Gütersloh: Siebenstern.


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