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Meditation aus psychologischer Sicht

Meditation steht als Sammelname für unterschiedliche Techniken, die Bestandteile in allen Weltreligionen waren und sind, insbesondere im Buddhismus und Hinduismus. Viele Menschen berichten von positiven Effekten auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden, viele wissen jedoch nicht, was man genau dabei macht, welche Meditationsformen es überhaupt gibt und was Meditation bewirken kann und was nicht. Peter Sedlmeier zeigt in seinem Buch “Die Kraft der Meditation”, in das auch Erfahrungen aus seiner eigenen Meditationspraxis eingeflossen sind, welche Nebenwirkungen und Risiken des Meditierens zu beachten sind und gibt zudem Anregungen für Menschen, die mit Meditation beginnen möchten. Er betont, dass Meditieren besser mit einem Lehrer und in einer Gruppe gelingt, und motiviert, eigene Erfahrungen zu sammeln und das Meditieren einfach einmal auszuprobieren.

In fünf Kapiteln beschreibt Sedlmeier allgemeinverständlich und mit Beispielen illustriert, was Meditation ist, was sie bewirkt, warum und wie sie wirkt, welche Nebenwirkungen und Risiken beim Meditieren zu beachten. Den Abschluss bilden praktische Anregungen, wie man mit Meditation beginnen sollte.

Metta-Meditationen bei starken Scham- und Schuldgefühlen

Manche Menschen leiden nach traumatischen Erfahrungen an starken Scham- und Schuldgefühlen. Traumatisierungen wie sexuelle oder körperliche Gewalterfahrungen oder schwere Verkehrsunfälle können zu starken Schuld- und Schamgefühlen in Bezug auf das Erlebte führen, die sehr belastend sind und einer erfolgreichen Verarbeitung der traumatisierenden Erfahrungen im Wege stehen. Ein vielversprechender Behandlungsansatz sind die aus dem Buddhismus stammenden Metta-Meditationen („Liebende Güte“), die darauf abzielen, sich selbst und anderen Menschen bedingungsloses Wohlwollen und Freundlichkeit entgegenzubringen. Erste wissenschaftliche Untersuchungen konnten bereits zeigen, dass durch das Praktizieren dieser besonderen Meditationstechnik Selbstkritik verringert und das Gefühl der Verbundenheit mit anderen Menschen verbessert werden kann. Auch für die Behandlung psychischer Störungen wie der Posttraumatischen Belastungsstörung und der Depression zeigten sich Hinweise auf die Wirksamkeit der Metta-Meditation. Das am Zentrum für Psychotherapie der Goethe-Universität entwickelten Therapieprogramm besteht aus sechs wöchentlichen Einzelsitzungen, bei denen gemeinsam mit einer Psychotherapeutin zunächst über den Inhalt der Schuld- und Schamgefühle reflektiert wird. Dann lernen die Teilnehmenden verschiedene Metta-Meditationsübungen kennen, welche auch täglich zu Hause geübt werden sollen. Die Therapie wird durch diagnostische Untersuchungen und Fragebögen wissenschaftlich begleitet. Die bisherigen Rückmeldungen der Patientinnen und Patienten berichten von einer deutlichen Erleichterung nach der Therapie, sie machten sich sehr viel weniger Vorwürfe, ihr Wohlbefinden ist verbessert.

Information und Anmeldung: Zentrum für Psychotherapie der Goethe-Universität – Telefon: 069 798-23994 E-Mail: schuld-scham-studie@uni-frankfurt.de


Negative Seiten der Meditation

Zahlreiche Forschungen haben sich bisher auf die Vorteile der Meditation für Gesundheit und Wohlbefinden konzentriert, doch kann es im Rahmen der Meditationspraxis zu psychisch unangenehmen Erfahrungen kommen. Schlosser et al. (2019) haben die Prävalenz unangenehmer meditationsbezogener Erfahrungen bei regelmäßig Meditierenden untersucht und den Zusammenhang solcher Erfahrungen mit demographischen Merkmalen, Meditationspraxis, negativem Denken, Achtsamkeit und Selbstmitgefühl untersucht. Etwa ein Viertel der Befragten berichteten von besonders unangenehmen meditationsbezogenen Erfahrungen, die ihrer Meinung nach durch ihre Meditationspraxis verursacht worden sein könnten, wobei unangenehme meditationsbezogene Erfahrungen bei weiblichen Probanden und Probandinnen und religiösen Teilnehmern und Teilnehmerinnen seltener waren. Meditierende mit einem höheren Grad an negativem Denken, diejenigen, die sich vorwiegend mit dekonstruktiven bzw. analytisch Meditationsarten beschäftigten, und diejenigen, die einmal an einem Meditationsretreat (längere Meditations-Praxis etwa über ein Wochenende) teilgenommen hatten, berichteten eher über unangenehme meditationsbezogene Erfahrungen.

Missverständnisse im Zusammenhang mit Meditation

Maria Berentzen widmet sich in einem Beitrag einigen Missverständnisse und zitiert Andy Puddicombe, der mit häufigen Annahmen über das Meditieren aufräumt, die schlicht falsch sind. Bei der Meditation geht es nicht darum, Gedanken zu stoppen, denn Meditation hat vielmehr das Ziel, die Beziehung zu den eigenen Gedanken zu verändern, sie zu beobachten und sie loszulassen. Es geht nicht darum, etwas zu erreichen oder zu tun, denn wenn man das Kommen und Gehen der Gedanken beobachtet, verlangsamt sich der Geist ganz natürlich. Deshalb ist die fokussierte Aufmerksamkeit eine der wichtigsten Techniken, d. h., der Geist erhält eine Art Anker, auf den er sich konzentrieren kann und zu dem er zurückkehren kann, wenn er einmal abgeschweift ist. Meditation hat sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt, doch die meisten davon betonen die Bedeutung von Achtsamkeit und Mitgefühl. Meditieren geht auch nicht nur im Schneidersitz, doch ist es viel wichtiger, eine Haltung zu finden, in der man sich wohlfühlt, d. h., man kann zum Meditieren sehr gut auf einem Stuhl sitzen, wobei die Arme auf den Beinen ruhen und man Arme und Beine nicht überkreuzt sein sollten. Die Füße sollten direkt auf dem Boden stehen, um sich geerdet zu fühlen. Beim Meditieren muss man nicht unbedingt die Augen schließen, sondern man kann die Augen geöffnet lassen und auf ein äußeres Objekt zu blicken, etwa auf die Flamme einer Kerze. Auch ist es ein weitverbreiteter Irrglaube, dass es Monate oder sogar Jahre dauert, bis sich die Vorteile der Meditation bemerkbar machen, auch wenn Meditieren etwas Übung und ein ein gewisses Maß an Disziplin braucht. Entscheidend ist, konsequent zu üben und eine Routine zu entwickeln.

Literatur

Schlosser, M., Sparby, T., Vörös, S., Jones, R. & Marchant, N. L. (2019). Unpleasant meditation-related experiences in regular meditators: Prevalance, predictors and conceptual considerations. PLoS ONE, doi:10.1371/journal.pone.0216643.
Stangl, W. (2022). Stichwort: ‚Meditation‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
WWW: https://lexikon.stangl.eu/418/meditation#comment-11290 (22-01-08)
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/psychologie-meditation-als-mittel-gegen-scham-und-schuldgefuehle/ (21-09-09)


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