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Gehirn baut das Ich

Die These des Gehirnforschers Thomas Metzinger in seinem Buch „Der Ego-Tunnel“. Ein philosophischer Einspruch“ besagt, dass man als Mensch gar nicht zu existieren braucht, solange fas Gehirn existiert, denn würde man selbst existieren, würde man bloß das Gehirn bei seiner Arbeit stören. Eines der Dinge, das das Gehirn tut, besteht in der Erzeugung des Bewusstseins, das einen glauben lässt, dass die folgenden Sätze wahr sind: „Ich habe einen Körper. Ich habe Gefühle und Gedanken. Ich lebe hier und jetzt. Ich bin in der Lage, mir Ziele zu stecken. Ich bin frei, Handlungen zu setzen, um meine Ziele zu erreichen. Es ist mir häufig möglich, die Dinge um mich herum korrekt wahrzunehmen. Manchmal täusche ich mich, doch ich bin fähig, mich zu korrigieren, weil ich mit der Außenwelt in Kontakt treten kann.“ Alle diese Sätze sind falsch, denn das Gefühl, selbst zu sein, ausgestattet mit festen Körpergrenzen in einer Ihnen erlebbaren Umwelt, ist zur Gänze eine Schöpfung des Gehirns. Diese Schöpfung, also man selbst samt all seinen Erlebnissen, dient bloß dazu, die Überlebensfähigkeit des Körpers und damit der DNA bzw. der Gene in einer Welt sicherzustellen, deren Lebensfeindlichkeit notorisch und deren Komplexität für das Fassungsvermögens eines menschlichen Gehirns viel zu groß ist. Das Gehirn baut sich gleichsam einen Ego-Tunnel oder um bei Platon zu bleiben, eine Ich-Höhle baut, finden man sich in der Komplexität zurecht, wofür man eine Menge an möglichst einfachen Illusionen (Körperbild, Ichgefühl, Weltkontakt, Willensfreiheit) benötigt, um die die noch viel größere Menge an Nichtillusionen ausblenden, nämlich die Wirklichkeit, so wie sie wirklich ist. „Das Ego ist ein virtuelles Werkzeug. Es hat sich entwickelt, weil wir mit seiner Hilfe unser eigenes Verhalten kontrollieren und vorhersagen und das Verhalten anderer verstehen konnten. Jeder von uns lebt sein bewusstes Leben in seinem eigenen Ego-Tunnel, ohne direkten Kontakt mit der äußeren Wirklichkeit, aber wir besitzen eine innere Erste-Person-Perspektive. Aus diesem Grund baut sich die Weltsimulation, die ständig durch unsere Gehirne geschaffen wird, um einen Mittelpunkt herum auf. Wir sind Ego-Maschinen, aber wir haben kein Selbst. Wir können den Ego-Tunnel nicht verlassen, weil es niemanden gibt, der ihn verlassen könnte.“
Zusammengefasst nach einer Rezension von Peter Strasser in „Die Presse“ vom 10.10.2009.


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